Warum Deutschland Geflüchtete (aus-)bilden sollte

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Bamberger Soziolog*innen haben Bildungsabschlüsse von Zugewanderten verglichen  

Viele Geflüchtete verfügen über ein Bildungsniveau, das für deutsche Verhältnisse gering ist. Dabei sind sie oft höher gebildet als die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger ihres Herkunftslandes. »In einer Gesellschaft, in der nur wenige einen mittleren Bildungsabschluss erreichen, hat ein mittlerer Abschluss einen vergleichsweise höheren Stellenwert«, so Prof. Dr. Cornelia Kristen, die den Lehrstuhl für Soziologie, insbesondere Sozialstrukturanalyse, an der Universität Bamberg innehat.

»Gleichzeitig hat der gleiche Abschluss in einer Gesellschaft wie Deutschland einen anderen Stellenwert, weil hier die meisten mindestens über einen mittleren Abschluss verfügen.« In einer Studie hat sie mit ihrem Forschungsteam die Bildung von Geflüchteten mit anderen Zugewanderten verglichen. Die Ergebnisse wurden jetzt im Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin) veröffentlicht. Cornelia Kristen ist Senior Research Fellow in der Infrastruktureinrichtung Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) am DIW Berlin. Ein wichtiges Fazit der Studie: Zielländer sollten in die Bildung der recht jungen Bevölkerung von Geflüchteten investieren.

25 Länder in einer Studie

Üblicherweise werden Bildungsabschlüsse von Zugewanderten an den Standards gemessen, die im Zielland gelten. »Dagegen wird kaum beachtet, welche Stellung diese Qualifikationen im jeweiligen Herkunftsland haben«, sagt Cornelia Kristen. In der Studie vergleicht das Forschungsteam das Bildungsniveau der Geflüchteten mit demjenigen im Herkunftsland und demjenigen im Zielland Deutschland. Cornelia Kristen, Prof. Dr. Christoph Spörlein, Regine Schmidt und Jörg Welker haben hierzu Daten von Migrantinnen und Migranten aus 25 Ländern analysiert. Die Daten stammen aus der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten. Sie umfasst Informationen zu Geflüchteten, die zwischen 2013 und 2016 nach Deutschland gekommen sind. Außerdem berücksichtigen sie die Mikrozensus-Befragungen 2008 bis 2014, die sich an andere Gruppen von Zugewanderten richten.

»Die Auswertungen zeigen, dass Geflüchtete im Vergleich zu den meisten anderen Migrantengruppen im Schnitt über eine geringere formale Bildung verfügen«, fasst Cornelia Kristen die Ergebnisse zusammen. Beispielsweise besitzen 26 Prozent der syrischen Migranten keine Bildung oder lediglich eine Grundbildung. Bei Einwanderern aus anderen Ländern sind es dagegen im Schnitt zehn Prozent. »Die Ergebnisse belegen auch, dass Geflüchtete besser gebildet sein können als die meisten Menschen in ihrer Herkunftsgesellschaft – auch wenn sie für deutsche Verhältnisse ein niedriges Bildungsniveau haben«, führt Cornelia Kristen weiter aus. Zum Beispiel sind 75 Prozent der syrischen Geflüchteten höher gebildet als die Hälfte der in Syrien lebenden Menschen.

Anreize für weiteren Bildungserwerb schaffen

»In modernen westlichen Gesellschaften reicht eine geringe formale Bildung zumeist nicht aus, um eine qualifizierte Beschäftigung zu bekommen«, fügt Cornelia Kristen hinzu. Ihre Empfehlung: »Zielländer wie Deutschland sind gut beraten, für den weiteren Bildungserwerb Anreize zu schaffen und diesen zu unterstützen.« Denn gerade unter Geflüchteten befinden sich viele junge Menschen, für die sich der Bildungserwerb als Schlüssel einer erfolgreichen Integration erweisen könnte.

Hintergrund
Die aktuelle Publikation ist ein Teilprojekt der Studie »Selektivität von Zuwanderern nach Westeuropa: Die Bedeutung des Herkunftskontexts«, die bis 2022 dauert. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Studie mit insgesamt rund 527.000 Euro. Das Projekt stammt aus dem Forschungsschwerpunkt »Empirische Sozialforschung zu Bildung und Arbeit« der Universität Bamberg. 

 

 

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