Digitale Kompetenzen in Deutschland: Ursachen und Lösungsansätze

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Weiterbildungsangebote und frühzeitige Förderung als Motor des digitalen Wandels

Die digitale Kompetenz der deutschen Bevölkerung bleibt im europäischen Vergleich hinter der Spitze zurück.

Friederike Hertweck vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung sieht einen wesentlichen Grund darin, dass nur wenige Bundesländer einen umfassenden Informatikunterricht anbieten. Sie hebt in einem Interview-Beitrag auf der Seite Meinungsbarometer hervor, dass gerade Kinder und Jugendliche, die zu Hause wenig Unterstützung beim Aufbau digitaler Fähigkeiten erhalten, besonders auf schulische Angebote angewiesen seien.

Da der Aufbau digitaler Kompetenzen häufig im außerschulischen Bereich stattfinde, könne die Schule entscheidende Impulse geben. Hertweck betont, dass digitale Kompetenzen sowie Lösungs- und Sozialkompetenzen stärker in den Lehrplänen verankert werden müssten.

Digitale Kompetenzen: Deutschlands Rückstand im europäischen Vergleich

Deutschland liegt bei den digitalen Kompetenzen im europäischen Vergleich weiterhin hinter der Spitzengruppe zurück. Als Hauptgrund wird genannt, dass nur wenige Bundesländer einen umfassenden Informatikunterricht anbieten.

Gerade dieser sei jedoch entscheidend, so Hertweck, insbesondere für Kinder und Jugendliche, die zu Hause wenig Unterstützung beim Aufbau digitaler Fähigkeiten erhalten. Der Aufbau digitaler Kompetenzen finde häufig im außerschulischen Bereich statt, doch die Schule könne wichtige Impulse geben, etwa indem sie erste Erfahrungen mit verschiedener Software ermögliche und eigenständiges Weiterlernen anrege.

Digitale Kluft und stereotype Rollenbilder

Kompetenztests zeigen, dass in Deutschland bereits in der Sekundarstufe II eine »digitale Kluft« zwischen Mädchen und Jungen besteht. Stereotype Rollenbilder und fehlende Vorbilder hielten insbesondere Mädchen davon ab, sich mit Computern und Technik auseinanderzusetzen. In anderen Ländern seien diese Stereotype weniger ausgeprägt, beeinflussten aber auch dort die Berufswahl.

Frühzeitige Förderung und niederschwellige Angebote

Expertinnen und Experten betonen, dass der Aufbau digitaler Kompetenzen spielerisch und früh im Bildungsverlauf beginnen sollte. Bereits Grundschulkinder könnten mit kindgerechter Software kleine Programme erstellen und so die Logik des Programmierens erlernen.

Digitale Kompetenzen sollten daher frühzeitig in den Lehrplänen verankert werden. Ziel sei es nicht, analoge Methoden zu verdrängen, sondern diese sinnvoll zu ergänzen. Auch für Erwachsene seien niederschwellige Angebote wichtig, um digitale Kompetenzen zu stärken – sowohl für den Beruf als auch für den Alltag. Andernfalls laufe man Gefahr, einzelne Personen von gesellschaftlicher Teilhabe auszuschließen, etwa bei der Online-Terminbuchung auf dem Bürgeramt.

Wandel der Arbeitswelt durch Digitalisierung

Obwohl fast drei Viertel der Deutschen glauben, dass sich ihre berufliche Tätigkeit durch die Digitalisierung nicht verändert, widerspricht die Realität dieser Wahrnehmung. Praktisch jede berufliche Tätigkeit habe sich durch den technologischen Wandel bereits verändert und werde sich weiter verändern – etwa durch E-Mails statt Briefe, Apps im Handwerk oder adaptive Lernsysteme im Bildungsbereich.

Die Digitalisierung werde jedoch, so Hertweck weiter, häufig nur mit Künstlicher Intelligenz oder Robotik gleichgesetzt, weshalb viele den Wandel unterschätzten. Tatsächlich seien nur wenige Berufe vollständig durch KI oder Roboter ersetzbar; in den meisten Fällen unterstützten neue Technologien die Arbeit und steigerten die Produktivität. Gleichzeitig entstünden zahlreiche neue Jobs.

Politische Maßnahmen für bessere digitale Kompetenzen

Fachleute fordern, dass digitale Kompetenzen sowie Lösungs- und Sozialkompetenzen stärker in den Lehrplänen verankert werden. Digital gestützter Unterricht und adaptive Lernsysteme sollten zur Normalität werden. Neben dem Ausbau der digitalen Infrastruktur seien Leihgeräte für Schüler*innen und gezielte Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte notwendig.

Auch für Erwachsene müssten spezifische Bildungsangebote geschaffen werden, insbesondere für jene mit geringen digitalen Kompetenzen oder Berufsgruppen, die stark vom digitalen Wandel betroffen sind.

Um den Wandel erfolgreich zu gestalten und niemanden zu verlieren, seien Weiterbildungsangebote das zentrale Instrument. Langfristig sollten digitale Kompetenzen auch in Ausbildungs- und Studienordnungen fest verankert werden. 


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