Mindestlohn – Belastung für junge Unternehmen stärker als erwartet

ZEW2

Junge Unternehmen in Deutschland sind von der seit Anfang 2015 in Deutschland geltenden Mindestlohnregelung stärker betroffen als von ihnen ursprünglich erwartet.

Neben der Notwendigkeit, für eine Reihe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Löhne anheben zu müssen, sind es vor allem zusätzliche bürokratische Erfordernisse wie Berichtspflichten und Nachweise von Stundenaufschrieben sowie die geringere Flexibilität bei Bezahlungsmodellen, die die jungen Unternehmen belasten. Dies kann zu negativen Konsequenzen für die Unternehmen führen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Befragung junger Unternehmen im Rahmen des Mannheimer Gründungspanels des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).

Telefonisch befragt wurden rund 5.000 junge Unternehmen der Gründungskohorten 2011 bis 2014 in Deutschland. Die Ergebnisse der Befragung wurden dann für diesen Zeitraum auf die Grundgesamtheit der rund 313.700 Gründungen in den vom Mannheimer Gründungspanel abgedeckten Branchen hochgerechnet. Um zu erfahren, wie sich die Einführung des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar 2015 auf die jungen Unternehmen mit angestellten Mitarbeitern ausgewirkt hat, wurden diese etwa ein halbes Jahr vor und dann erneut ein halbes Jahr nach dessen Einführung hierzu befragt.

Jungunternehmen haben Folgen des Mindestlohns unterschätzt

Vor der Einführung des Mindestlohns erwarteten elf Prozent der befragten Unternehmen, dass diese Regelung sie betreffen werde. Nach der Einführung gaben dann allerdings 28 Prozent an, tatsächlich betroffen zu sein. Rund 20 Prozent mussten Lohnanpassungen vornehmen und knapp zehn Prozent gaben an, durch bürokratischen Aufwand wie Berichtspflichten oder Nachweise von Stundenaufschrieben belastet zu sein. Besonders häufig erwähnt wird von den Unternehmen, nun Schwierigkeiten bei der Einstellung von Praktikanten sowie studentischen und anderen Hilfskräften zu haben. Die unterschiedlichen Befragungsergebnisse vor und nach der Einführung des Mindestlohns zeigen, dass anscheinend viele junge Unternehmen über die Konsequenzen dieser Neuregelung nicht ausreichend informiert waren beziehungsweise deren konkrete Auswirkungen auf flexible Entlohnungsmodelle bei Aushilfskräften wohl unterschätzt hatten.

Der höhere bürokratische Aufwand und die nun vorgeschriebene Lohnuntergrenze werden für die Entwicklung junger Unternehmen nicht ohne Folgen bleiben. Zum einen verfügen junge Unternehmen meist noch über keine spezialisierten Personalabteilungen, die sich mit der konkreten Umsetzung bestehender Berichtspflichten auskennen. Daher werden hierfür Ressourcen der Unternehmensgründer gebunden, die ansonsten in die Weiterentwicklung des Unternehmens geflossen wären. Zum anderen sind flexible, erfolgsabhängige Entlohnungsmodelle gerade für junge Unternehmen besonders wichtig, weil ihre Umsätze oft noch stark schwanken. Die mit der Mindestlohneinführung einhergehende Einschränkung dieser Flexibilität kann zu größerer Vorsicht und Zurückhaltung bei der Umsetzung von Wachstumsplänen führen. Und dies gerade bei Unternehmen, von denen sich die Wirtschaftspolitik besonderen Schub für die langfristige ökonomische Entwicklung in Deutschland erwartet.

 

 

  LINKS  

 

Zwölf Euro Mindestlohn: Millionen Beschäftigte bekommen mehr Geld
Höherer Mindestlohn bringt Millionen Beschäftigten mehr Geld pro Stunde und im Monat Von der Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro dürften über sechs Millionen Beschäftigte profitiert haben. Beim Großteil von ihnen hat sich dadurch nicht nur...
Einheitlicher Mindestlohn trifft auf große regionale Unterschiede
Die Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro zum Oktober 2022 betrifft die Regionen in Deutschland unterschiedlich stark. Insbesondere in ländlichen Regionen Ostdeutschlands gab es vor der Erhöhung einen relativ hohen Anteil an Beschäftigten mit...
Ausmaß und Struktur geringfügiger Beschäftigung in Deutschland
Nach Angaben der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit haben im Februar 2022 von den rund 7.284.000 geringfügig Beschäftigten rund 1.518.000 (21 Prozent) über keinen Berufsabschluss verfügt. Das geht aus einer Antwort der...

.
Wir benutzen Cookies
Der BildungsSpiegel setzt auf seiner Website sog. Cookies ein. Einige von ihnen sind für den reibungslosen Betrieb essentiell, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern. Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Website zur Verfügung stehen.