Frauenkarrieren: Auch berufstätige Frauen erledigen immer noch Großteil der Hausarbeit und Kinderbetreuung

Frau mit Mop (Putzfrau)

DIW-Studie nimmt Lohnlücke in einzelnen Berufen unter die Lupe  *  In Berufen, in denen lange Arbeitszeiten einen hohen Stellenwert haben und überproportional entlohnt werden, sind Gender Pay Gaps größer 

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen steigt in Deutschland stetig an. Dennoch verdienen sie in vielen Berufen immer noch weniger als Männer, darüber hinaus bleibt ein Großteil der Hausarbeit und Kinderbetreuung an ihnen hängen. Diese Hauptbefunde zweier Studien aus dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) liegen pünktlich zum internationalen Frauentag vor, der in diesem Jahr im Land Berlin zum ersten Mal ein gesetzlicher Feiertag ist.

Bekannt ist, dass Deutschland beim Stundenlohn mit aktuell 21 Prozent eine der größten Verdienstlücken zwischen Männern und Frauen in Europa hat. Berücksichtigt man Berufswahl und Qualifikation, beträgt diese Lücke, der sogenannte bereinigte Gender Pay Gap, immer noch sechs Prozent. Diese Werte gelten für alle Beschäftigten. Betrachtet man einzelne Berufe, schwankt der (bereinigte) Gender Pay Gap stark: In Berufen mit hohem Frauenanteil wie Krankenpflege oder Sozialarbeit ist er relativ niedrig, ebenso in typischen Männerberufen, zum Beispiel in der Fahrzeug- und Raumfahrttechnik. Am größten ist der Gender Pay Gap in sogenannten Mischberufen, in denen sich der Anteil von Frauen und Männern die Waage hält. Beispiele dafür sind Berufe in der Werbung, im Marketing oder bei Versicherungen.

Gender Pay Gap hängt mit dem Stellenwert der Arbeitszeit zusammen
In ihrer neuen Studie hat DIW-Genderökonomin Aline Zucco diese berufsspezifischen Gender Pay Gaps unter die Lupe genommen. »Die Lohnlücke ist in den Berufen besonders hoch, wo lange Arbeitszeiten einen hohen Stellenwert haben und wo der Stundenlohn überproportional mit den Arbeitsstunden steigt«, fasst sie ihr Hauptergebnis zusammen. Ein Beispiel dafür ist die Unternehmensorganisation (Unternehmensberatung, Controlling). Dort bekommen diejenigen, die in Vollzeit arbeiten, nicht nur monatlich, sondern auch auf die Stunde gerechnet mehr Lohn als beispielsweise Teilzeitbeschäftigte. Weil in Deutschland überwiegend Frauen in Teilzeit beschäftigt sind (48 Prozent der abhängig beschäftigten Frauen und elf Prozent der Männer), ist gerade in diesen Berufen der Gender Pay Gap überdurchschnittlich groß.

Viele Berufe mit geringen Gender Pay Gaps zeichnen sich im Gegensatz dadurch aus, dass die Entlohnung proportional ist: Die Anzahl der gearbeiteten Stunden tangiert den Stundenlohn nicht. Das ist beispielsweise in Gesundheitsberufen der Fall, wo Schichtarbeit und daher die Dokumentation von Arbeitsschritten (Patientenakten) die Norm sind. Das macht Beschäftigte leichter substituierbar und sorgt dafür, dass Teilzeitbeschäftigte den gleichen Stundenlohn bekommen als diejenigen, die Vollzeit oder mehr arbeiten.

 

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Zuccos Untersuchung identifiziert auch andere Faktoren, die berufsspezifische Gender Pay Gaps erklären. So haben Berufe, die vorwiegend in öffentlichen Unternehmen oder Einrichtungen ausgeübt werden (LehrerInnen, ErzieherInnen, Polizeiberufe) geringe Gender Pay Gaps, was wohl auch an den Tarifverträgen im öffentlichen Dienst liegt. Denn diese sichern allen Beschäftigten – bei gleicher Qualifikation – den gleichen Lohn zu. In Berufen mit einem hohen Anteil an Führungskräften, zum Beispiel in der Unternehmensorganisation, sind die Gender Pay Gaps größer.

»Will man die Gender Pay Gaps reduzieren, sind eine Reihe von Maßnahmen denkbar: zum Beispiel sollte das sogenannte Top-Sharing, bei dem mehrere Führungskräfte sich eine Position teilen, gefördert werden. Weiterhin kann der Ausbau von Tarifverträgen einen wichtigen Beitrag zur Lohngleichheit liefern. Vor allem aber muss man sich, als Chef und als Angestellte, von der Vorstellung befreien, dass nur jene, die viel und lange arbeiten, gute Arbeit leisten. Das erfordert ein großes Umdenken«, schlussfolgert Aline Zucco.

»Sonntag ist der Tag der Herren«
Eine andere DIW-Studie widmet sich dem sogenannten Gender Care Gap, der Lücke in der Zeitverwendung von Männern und Frauen für unbezahlte Hausarbeit und Kinderbetreuung. So verbringen Frauen in Paarhaushalten in Deutschland deutlich mehr Zeit mit Hausarbeit und Kinderbetreuung als Männer. Sie übernehmen dabei eher Arbeiten, die häufig anfallen und zeitlich unflexibel sind wie beispielsweise die Zubereitung der Mahlzeiten. Männer verbringen mehr Zeit mit Erwerbsarbeit und übernehmen zu Hause eher selten anfallende Tätigkeiten, die zeitlich flexibel sind wie etwa Gartenarbeiten. Besonders groß sind die Unterschiede in der Zeitverwendung bei Paaren mit Kindern bis zu sechs Jahren. Datenbasis ist das Sozio-oekonomische Panel (SOEP).

 

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Häufig wird argumentiert, dass Männer weniger Hausarbeit übernehmen, weil sie aufgrund ihrer höheren Erwerbsbeteiligung weniger Zeit dafür haben als Frauen. Doch obwohl die Erwerbsbeteiligung von Frauen seit Jahren konstant steigt, bleibt die Beteiligung von Männern an Hausarbeit und Kinderbetreuung auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Heute verbringen Frauen in Paarbeziehungen an einem Werktag rund zwei Stunden mit Kochen, Putzen und Wäsche waschen, Männer hingegen nur 52 Minuten.

DIW-Soziologin Claire Samtleben stellte nun das Argument der zeitlichen Verfügbarkeit auf den Prüfstand, indem sie untersuchte, wie die unbezahlte Arbeit an Sonntagen verteilt ist. »Auch an erwerbsfreien Tagen erledigen Frauen einen Großteil von Hausarbeit und Kinderbetreuung. Überspitzt gesagt: Sonntag ist der Tag der Herren«, fasst sie ihren Hauptbefund zusammen. »In vielen Familien ist es offenbar fest verankert, dass für bestimmte Hausarbeiten die Frau zuständig ist, auch wenn sie erwerbstätig ist.«

Weil sie weniger bezahlte und mehr unbezahlte Arbeit leisten als Männer, verdienen Frauen über ihren Lebensverlauf auch weniger, was wiederum Folgen für ihre Altersversorgung hat. Die Politik sollte deshalb die Erwerbsbeteiligung von Frauen weiter fördern und dem Gender Care Gap mit gezielten Maßnahmen entgegenwirken. Denkbar wären zum Beispiel mehr Partnermonate beim Elterngeld, um das Engagement von Männern bei Hausarbeit und Kinderbetreuung zu fördern.

   

 

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