Je unsicherer ein Beschäftigungsverhältnis, desto geringer das Vertrauen in die Demokratie

Das Progressive Zentrum

Die Unverzichtbaren: Basisarbeit und Demokratievertrauen im Wandel

Die neue Studie »Die Unverzichtbaren« des Progressiven Zentrums rückt die Situation von Menschen in Basisarbeit ins Zentrum der politischen und gesellschaftlichen Debatte.

Sie analysiert, wie sich unsichere Arbeitsverhältnisse auf das Vertrauen in die Demokratie und die Offenheit gegenüber Transformationsprozessen auswirken.

Wer sind die Basisarbeiter*innen?

Basisarbeit umfasst Tätigkeiten, für die keine formale Berufsausbildung notwendig ist. Dazu zählen unter anderem Reinigungskräfte, Paketzusteller*innen, Lagerarbeiter*innen, Pflegehelfer*innen und Beschäftigte im Einzelhandel.

In Deutschland machen Basisarbeiter*innen etwa ein Fünftel der Erwerbsbevölkerung aus – das entspricht bis zu zehn Millionen Menschen.

Arbeitsbedingungen und Herausforderungen

Die Studie zeigt, dass Basisarbeiter*innen im Vergleich zu qualifizierten Beschäftigten deutlich benachteiligt sind:

  • Körperliche und psychische Belastung
    Basisarbeit ist häufig mit starker körperlicher und mentaler Belastung verbunden. Viele Beschäftigte zweifeln daran, ob sie ihre Tätigkeit bis zum Renteneintritt ausüben können.
  • Unsichere Beschäftigungsverhältnisse
    Teilzeit, hohe Fluktuation und fehlende betriebliche Mitbestimmung prägen den Arbeitsalltag. Nur 41,9 % der Basisarbeiter*innen haben Zugang zu betrieblicher Weiterbildung, gegenüber 69,2 % in qualifizierten Berufen.
  • Geringe Solidarität und Selbstwirksamkeit
    Basisarbeiter*innen erleben weniger Unterstützung durch Kolleg*innen und Vorgesetzte und haben seltener das Gefühl, im Unternehmen etwas bewirken zu können.
  • Unzureichende Absicherung
    Die Angst vor dem Ausbleiben der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist trotz gesetzlicher Regelungen deutlich höher als bei qualifizierten Beschäftigten.

Politische Einstellungen und Demokratievertrauen

Die Studie belegt einen klaren Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und politischem Vertrauen:

  • Demokratievertrauen
    Je unsicherer und weniger selbstbestimmt sich Beschäftigte fühlen, desto geringer ist ihr Vertrauen in die Demokratie und ihre Offenheit für gesellschaftliche Transformation.
  • Politische Repräsentation
    Nur etwa jede*r Zehnte fühlt sich von der Politik gehört und ernst genommen, unabhängig vom Qualifikationsniveau.
  • Demokratiepolitische Relevanz
    Die Autor*innen betonen, dass die Stärkung von Sicherheit, Selbstbestimmung und Solidarität im Arbeitsumfeld auch einen Beitrag zur Stabilisierung der Demokratie leistet.

Bedeutung für die Transformation der Arbeitswelt

Die Ergebnisse der Studie unterstreichen, dass Basisarbeiter*innen für das Funktionieren der Gesellschaft unverzichtbar sind – gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch. Dennoch finden ihre Anliegen in Politik und Öffentlichkeit bislang zu wenig Beachtung.

Die Studie fordert daher:

  • Aufwertung von Basisarbeit: Materielle und immaterielle Verbesserungen, mehr Teilhabe und Mitbestimmung.
  • Politische Lösungsansätze: Entwicklung von Strategien zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen und zur Stärkung des Demokratievertrauens, insbesondere im Kontext von Digitalisierung und ökologischer Transformation.

Die Studie »Die Unverzichtbaren« liefert wichtige Impulse für die politische und gesellschaftliche Debatte um die Zukunft der Arbeit. Sie macht deutlich, dass die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Basisarbeiter*innen nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch der Demokratiepolitik ist.

Hintergrund
Für eine umfassende Bestandsaufnahme der Anstellungsverhältnisse, Arbeitsbedingungen und politischen Einstellungen innerhalb des Beschäftigungssegments Basisarbeit wurde für die Studie „Die Unverzichtbaren – Menschen in Basisarbeit. Erkenntnisse für eine politische Auseinandersetzung mit ihren Perspektiven und Forderungen in der Transformationsgesellschaft” ein Mixed-Methods Forschungsdesign mit Fokusgruppen, Einzelinterviews und einer quantitativen Meinungsumfrage mit rund 2.200 Befragten eines repräsentativen Online-Panels entwickelt. Die Erhebung erfolgte im Sommer/Herbst 2024. Die Studie ist Teil des Projekts „Basisarbeit in der Transformationsgesellschaft”, das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen des Programms „ARBEIT: SICHER + GESUND” gefördert wird. Die Ergebnisse dienen als Ausgangspunkt für einen weiterführenden Praxisprozess zur Erarbeitung politischer Ansätze der materiellen und immateriellen Aufwertung von Basisarbeit.  


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