Arbeitszeitrechnung III/2024: Überstunden auf Rekordtief

Weniger Überstunden, mehr Nebentätigkeiten und ein zweigeteilter Arbeitsmarkt
Die neuesten Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigen, dass die bezahlten und unbezahlten Überstunden je Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer im dritten Quartal 2024 auf ein Rekordtief gefallen sind. Mit durchschnittlich 3,3 bezahlten und 3,9 unbezahlten Überstunden pro Arbeitnehmer liegt das Niveau um mehr als ein Drittel unter dem Niveau vor der Pandemie.
Der Rückgang der Überstunden markiert eine historische Entwicklung. Gleichzeitig steigt jedoch der Anteil der Nebentätigkeiten: Laut IAB haben rund 4,6 Millionen Beschäftigte einen Nebenjob, das sind 1,2 Prozent mehr als im Vorjahr.
Erwerbstätigkeit leicht gestiegen, Arbeitszeit auf Vorjahresniveau
Im dritten Quartal 2024 waren knapp 46,1 Millionen Menschen in Deutschland erwerbstätig, was einem Anstieg von 0,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Sie arbeiteten insgesamt 15,7 Milliarden Stunden und damit 0,4 Prozent mehr als im Vorjahresquartal.
Die durchschnittliche Arbeitszeit je Erwerbstätigen erhöhte sich um 0,2 Prozent auf 340,7 Stunden. Dieser leichte Anstieg ist vor allem auf einen positiven Kalendereffekt zurückzuführen, da im dritten Quartal 2024 ein zusätzlicher Arbeitstag zur Verfügung stand.
Zunahme der Teilzeitbeschäftigung und Rückgang der Vollzeitbeschäftigung
Die Teilzeitquote stieg im dritten Quartal 2024 auf 39,7 Prozent, was einem Anstieg von 0,3 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten stieg um 1,1 Prozent, während die Vollzeitbeschäftigung um 0,4 Prozent zurückging.
Dies entspricht einem Nettozuwachs von fast 200.000 Teilzeitstellen und einem Rückgang von 100.000 Vollzeitstellen im Vergleich zum Vorjahr. Der Arbeitsmarkt zeigt sich zweigeteilt: Während die Industrie unter der anhaltenden Krise leidet, wachsen die Bereiche Erziehung und Pflege weiterhin stark.
Höherer Krankenstand und mehr Kurzarbeit
Der Krankenstand stieg im dritten Quartal 2024 auf 5,7 Prozent gegenüber 5,4 Prozent im Vorjahr.
Gleichzeitig stieg die Zahl der Kurzarbeiter um 89.000 auf 217.000 Personen, was angesichts der schwachen Konjunktur immer noch ein hohes Niveau darstellt. Betroffen sind vor allem Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie sowie im Maschinenbau, so die Einschätzung der IAB-Forscherin Susanne Wanger.
Datengrundlage
Die IAB-Arbeitszeitrechnung ist das Schlüsselprodukt zu den geleisteten Arbeitsstunden in Deutschland und liegt den Statistiken zum Arbeitseinsatz in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen zugrunde. Im August 2024 gab es eine Generalrevision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen des Statistischen Bundesamtes. In diesem Zusammenhang hat das IAB seine Arbeitszeitrechnung weiterentwickelt. Dabei wurden neue Daten und Methoden berücksichtigt und die Berechnungen für den Zeitraum ab 1991 entsprechend neu vorgenommen. Die auf diese Weise ermittelten Zeitreihen erlauben somit weiterhin den langfristigen Vergleich der Arbeitszeitentwicklung ohne statistische Brüche. Eine detaillierte Darstellung der Revisionspunkte der IAB-Arbeitszeitrechnung wurde am 24.09.2024 im IAB-Forschungsbericht 20/2024 veröffentlicht.
VERWEISE
- IAB: »Es werden so wenige Überstunden wie noch nie geleistet« ...
- siehe auch: Tabelle zur Entwicklung der Arbeitszeit (Excel-Format) ...
Ähnliche Themen in dieser Kategorie
Wöchentliche Arbeitszeiten: Wunsch und Wirklichkeit Neue Zahlen des DGB-Index Gute Arbeit zeigen eine deutliche Diskrepanz zwischen der tatsächlichen und der gewünschten Arbeitszeit der Beschäftigten in Deutschland. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, ihre Wochenstunden …
Mehr Beschäftigte wünschen sich kürzere Arbeitszeiten Immer mehr Beschäftigte in Deutschland möchten ihre Wochenarbeitszeit reduzieren – doch die Realisierung bleibt eine Herausforderung. Das zeigt der aktuelle Bericht der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ( …
Die durchschnittliche wöchentliche pro-Kopf-Arbeitszeit in Deutschland hat mit fast 29 Stunden ein Rekordniveau seit 1990 erreicht. Dieser Anstieg ist vor allem durch eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen geprägt, deren Arbeitszeit pro Kopf in den vergangenen 15 Jahren …
Bertelsmann-Studie: Familienfreundliche Jobs sind selten Unternehmen werben oft mit Familienfreundlichkeit, doch Stellenanzeigen zeigen ein anderes Bild. Nur 16,4 Prozent der Jobangebote im Jahr 2024 versprechen familienfreundliche Bedingungen, obwohl 86 Prozent der Firmen dies …