
Signifikanter Rückgang der Geburtenrate in Deutschland und Europa
Die jüngsten Daten des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) und der Universität Stockholm, veröffentlicht in der »European Journal of Population«, zeichnen ein eher ungewöhnliches Bild der Fertilitätsentwicklung in Deutschland.
Innerhalb von zwei Jahren sank die Geburtenrate deutlich von 1,57 Kindern pro Frau in 2021 auf 1,36 im Herbst 2023. Ein solch rapider Rückgang innerhalb eines so kurzen Zeitraums markiert den tiefsten Stand seit über einem Jahrzehnt und unterstreicht eine mögliche Trendwende in der Bevölkerungsdynamik des Landes.
Unerwarteter Einbruch
Bemerkenswert ist, dass die Geburtenrate in Deutschland während der Anfangsphase der COVID-19-Pandemie stabil blieb, bevor sie Anfang 2022 abrupt auf 1,4 fiel und im Sommer desselben Jahres eine leichte Erholung auf 1,5 Kinder pro Frau erlebte.
Diese Erholung war nur von kurzer Dauer; im Jahr 2023 setzte sich der Abwärtstrend fort. Diese Entwicklung steht im Kontrast zu früheren Perioden sinkender Geburtenraten, die sich normalerweise langsamer vollzogen.
Krisen als Fertilitätsbremse
Die Forschenden führen den starken Rückgang vor allem auf die Reaktionen zu Beginn der Impfkampagne gegen das Coronavirus zurück, als viele Frauen ihren Kinderwunsch aufschoben, bedingt durch die zunächst fehlende Zulassung der Impfstoffe für Schwangere. Weiterhin wirkten sich diverse Krisen, die sich in der Endphase der Pandemie manifestierten, negativ auf den Kinderwunsch aus.
Die genauen Langzeiteffekte dieser Entwicklungen auf die Geburtenrate sind noch unklar, jedoch könnte eine anhaltend niedrige Fertilität signifikante soziale und wirtschaftliche Herausforderungen nach sich ziehen.

Deutschland im europäischen Kontext
Der Rückgang der Geburtenrate ist kein isoliertes Phänomen Deutschlands. Auch in Schweden und anderen europäischen Ländern sind ähnliche Entwicklungen zu beobachten. So fiel die Geburtenrate in Schweden von etwa 1,67 in 2021 auf 1,45 in 2023, was den niedrigsten Wert seit Beginn der Aufzeichnungen darstellt. Trotz der familienfreundlichen Politik Schwedens beschleunigt sich der langfristige Fertilitätsrückgang. Im EU-Durchschnitt lag die Geburtenrate 2022 bei 1,46, was den deutschen Wert von 2022 widerspiegelt.
Fazit
Die aktuellen Daten deuten darauf hin, dass sich der Trend sinkender Geburtenraten in Europa fortsetzen könnte. Diese Entwicklung stellt Politik und Gesellschaft vor neue Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf die Alterung der Bevölkerung, den Arbeitsmarkt und die Sozialsysteme.
Familienpolitische Reformen, wie sie in Deutschland zwischen 2015 und 2021 zu einem vorübergehenden Anstieg der Geburtenrate führten, könnten ein Schlüssel zur Umkehrung dieser Trends sein. Jedoch bleibt abzuwarten, inwiefern aktuelle und zukünftige Maßnahmen in der Lage sein werden, den Fertilitätsrückgang effektiv zu adressieren.
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