10-Punkte-Programm gegen Lehrkräftemangel

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GEW: »Lehrkräftemangel dramatisch – kein gutes Zeugnis für Kultusministerien« 

»Der Lehrkräftemangel an den Schulen in Deutschland ist weiterhin dramatisch. Damit stellen sich die Kultusministerien kein gutes Zeugnis aus. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schlägt ein 10-Punkte-Programm vor. Sie bietet den Ländern die Zusammenarbeit an, um Lösungsstrategien für die verfahrene Situation zu entwickeln und umzusetzen«, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe mit Blick auf den bundesweiten Einstellungstermin für Lehrkräfte am 1. Februar. Auch im zweiten Halbjahr des Schuljahres 2018/19 blieben tausende Stellen unbesetzt.

Am stärksten sei der Mangel an Grund- und Förderschulen sowie beruflichen Schulen. Zudem seien mehrere Tausend Quer- und Seiteneinsteiger eingestellt worden, das sind Menschen, die kein Lehramtsstudium haben. Ohne diese Maßnahme wäre die Mangelsituation noch deutlich zugespitzter. »Der Lehrkräftemangel ist keine Eintagsfliege. Wenn jetzt nicht effektiv gegengesteuert wird, verschärft sich die Situation bis 2025, ja 2030 sogar noch«, betonte Tepe. Zeitgleich zum Einstellungstermin liefen die Tarifverhandlungen für die im öffentlichen Dienst der Länder Beschäftigten. »Wir erwarten ein deutliches Zeichen: Die Bildungsminister müssen gegenüber den Finanzern klar stellen, dass der Lehrerberuf materiell attraktiver werden muss«, sagte Tepe.

»Mit unserem 10-Punkte-Programm legen wir ein Maßnahmenbündel vor, das kurz-, mittel- und langfristig greift«, unterstrich die GEW-Vorsitzende. Die Kultusministerien müssten aktuell zusätzliche Quer- und Seiteneinsteiger werben, um die Lücken zu schließen. Dies sei der Preis dafür, dass über Jahre zu wenige Lehrkräfte insbesondere für das Grundschullehramt ausgebildet worden seien. »Die Quer- und Seiteneinsteiger müssen qualifiziert werden, bevor sie in die Schulen kommen. Dort müssen sie sofort berufsbegleitend nachqualifiziert und durch Mentoringprogramme unterstützt werden. Dafür brauchen wir bundesweit einheitliche Standards«, erläuterte die GEW-Vorsitzende die notwendigen Rahmenbedingungen. »Das ist auch im Interesse der Quer- und Seiteneinsteiger: Sie sollen nach dieser Qualifizierung und mit entsprechender Berufserfahrung den anderen Lehrkräften gleichgestellt und ebenso wie diese bezahlt werden«. Die Lehrkräfte, die die Quer- und Seiteneinsteiger in der Schule in ihrer Ausbildung unterstützen, müssten entlastet werden. Nur so könne die Qualität des Unterrichts gesichert werden.

Tepe machte deutlich, dass sie die Anstrengungen vieler Bundesländer durchaus anerkenne. So hätten diese die Ausbildungskapazitäten an den Hochschulen und im Vorbereitungsdienst ausgebaut. »Da muss aber noch nachgelegt werden. Vollkommen unverständlich ist, dass es nach wie vor Studiengänge für das Lehramt an Grundschulen gibt, die mit einem Numerus clausus (NC) belegt sind«, stellte Tepe fest. Damit mehr junge Menschen ein Lehramtsstudium aufnehmen, müsse der Beruf attraktiver gemacht werden. Dafür seien die Arbeitsbedingungen zu verbessern. »Dazu gehört vor allem auch, alle voll ausgebildeten Lehrkräfte nach A13 (Beamtinnen und Beamte) und E13 (Angestellte) zu bezahlen. Gleiches Geld für gleichwertige Arbeit: JA13 für alle! Fünf Bundesländer, darunter Berlin und Brandenburg, haben verstanden, dass es höchste Zeit für eine bessere Bezahlung ist. Die anderen Länder müssen jetzt nachziehen«, sagte die GEW-Vorsitzende.

Sie wies darauf hin, dass die Lehrkräfte von administrativen Aufgaben entlastet werden müssten: »Oft fehlt an der Schule das Sekretariat, so dass diese Aufgaben von Lehrkräften erledigt werden müssen. Ganz zu schweigen von einem IT-Systemadministrator. Den Lehrerinnen und Lehrern fehlt dann wiederum die Zeit, um die Schülerinnen und Schüler individuell zu unterstützen«. Zudem brauchten die Schulen multiprofessionelle Teams. »Lehrkräfte sollen in Kooperation mit Schulsozialarbeitern, -pädagogen und -psychologen die aktuellen Anforderungen, die eine zunehmend heterogene Schülerschaft stellt, meistern«, unterstrich die GEW-Vorsitzende. Gute Angebote, Beruf und Familie besser zu vereinbaren, sowie Arbeitserleichterungen könnten dazu führen, dass teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte wieder mehr Unterricht geben möchten.

Sie machte aber auch noch einmal deutlich, dass die aktuelle Situation im Wesentlichen hausgemacht sei. »Die Länder haben es in den vergangenen Jahren versäumt, ausreichend Lehrkräfte auszubilden, obwohl die Pensionierungszahlen und die steigende Geburtenrate teils lange bekannt sind«, unterstrich Tepe. »Die Belastungen durch die Mangelsituation dürfen nicht länger auf dem Rücken der Lehrerinnen und Lehrer ausgetragen werden«.

Hintergrund
Am Freitag, 1. Februar, gibt es für elf Millionen Schülerinnen und Schüler in allen Bundesländern Halbjahreszeugnisse.
Die Begriffe Quereinsteiger und Seiteneinsteiger werden in den Bundesländern unterschiedlich definiert. Generell beschreiben sie Menschen, die in den Schuldienst kommen, ohne dass sie ein Lehramtsstudium abgeschlossen haben. Meist haben sie ein akademisches Fach studiert, aber keine pädagogische Ausbildung.

  

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