Einkommen von Studienabbrechern liegt oft über dem von Nicht-Akademikern

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 3 Minuten)
Hörsaal

Durch hohe Studierendenzahlen steigt auch die Anzahl an Abbrechenden. Deren Einkommen liegt in Europa durchschnittlich acht Prozent über dem Einkommen von Beschäftigten, die nie an einer Hochschule eingeschrieben waren, allerdings 25 Prozent unter dem Einkommen von Personen mit Studienabschluss. Letztere haben auch deutlich bessere Beschäftigungschancen als Studienabbrecher*innen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung von Dr. Francesco Berlingieri und Theresa Bolz vom Forschungsbereich »Arbeitsmärkte und Personalmanagement« des ZEW Mannheim. In ihrer Studie mit Daten aus 18 europäischen Ländern untersuchen die Wissenschaftler die Einkommens- und Beschäftigungssituation von Personen mit abgebrochenem Hochschulstudium. Dabei werden zum Teil erhebliche Unterschiede sichtbar.

»In Irland, Großbritannien, den Niederlanden, Slowenien, Slowakei und Polen gibt es Einkommensunterschiede von mehr als zehn Prozent. Hier verdienen Studienabbrecher deutlich mehr als Beschäftigte mit mittlerem Bildungsabschluss«, so Bolz. In den meisten europäischen Ländern gibt es diese Gehaltsunterschiede dagegen nicht. Studienabbrecher*innen verdienen in Europa selten erheblich mehr als Beschäftigte mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder einem vergleichbaren Schulabschluss. Im Ländervergleich werden weitere Unterschiede sichtbar: Während Personen mit Hochschulabschluss in Dänemark etwa zehn Prozent mehr verdienen als Studienabbrecher*innen, sind es in Zypern, Deutschland und Polen rund 35 Prozent. »Diese großen Differenzen zwischen einzelnen Staaten dürften aus der unterschiedlichen Arbeitsmarktflexibilität und der Größe der Gruppe der Hochschulabgänger resultieren. In einem Land mit striktem Kündigungsschutz und vielen Hochschulabsolventen verdienen Studienabbrecher daher nicht mehr als Arbeitnehmer mit Berufsausbildung oder einem vergleichbaren Schulabschluss«, sagt Berlingieri.

Einfluss auf das Einkommen haben nach der ZEW-Studie auch das Geschlecht der Beschäftigten und die Branche, in der sie arbeiten. »Das Einkommensgefälle zwischen Hochschulabsolventen und Studienabbrechern ist bei weiblichen Beschäftigten größer als bei männlichen. Hier dürfte die höhere Teilzeitbeschäftigung von Frauen eine Rolle spielen«, so Berlingieri. Studienabbrecher*innen würden in der Privatwirtschaft zudem besser bezahlt als in der Öffentlichen Wirtschaft. Dies könne damit zusammenhängen, dass im öffentlichen Sektor formale Abschlüsse wichtiger seien, so der ZEW-Wissenschaftler.


Europäische Arbeitsmärkte bieten Studienabbrechern keine besseren Beschäftigungschancen

Studienabbrecher*innen haben in Europa im Durchschnitt eine um neun Prozent niedrigere Beschäftigungswahrscheinlichkeit als Personen mit abgeschlossenem Studium. Während sich dieser Befund in Italien, Griechenland und Belgien nicht nachweisen lässt, ist der Unterschied bei den Beschäftigungschancen in Polen, Dänemark und Deutschland mit mehr als 13 Prozentpunkten sogar deutlich stärker ausgeprägt. Vergleicht man Studienabbrecher*innen und Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung oder einem vergleichbaren Schulabschluss, zeigt sich ein recht einheitliches Bild: In den meisten Ländern Europas gibt es keine besseren Chancen auf Beschäftigung für Personen, die ein Studium abgebrochen haben.

Studienabbrecher*innen sind nach der ZEW-Studie besonders für Länder mit bestimmten Voraussetzungen problematisch. Treten eine hohe Studienabbruchquote und gleichzeitig ein niedriges Einkommen bei Personen mit abgebrochenem Studium auf, kann sich das nachteilig am Arbeitsmarkt auswirken. Das trifft etwa auf Studienabbrecher*innen in Italien und Tschechien zu. »In diesen Ländern sollte die Politik stärker auf Maßnahmen setzen, um den Studienerfolg zu erhöhen. Eine intensivere Beratung von Studierenden oder ein Zertifikat zur Hochschulqualifikation, welches in Großbritannien bereits nach einem Hochschuljahr ausgestellt wird, könnten einen Studienabbruch vorbeugen«, erklärt Berlingieri.

Hintergrund
Die ZEW-Studie vergleicht Studienabbrecher*innen, Hochschulabsolventen*innen und Beschäftigte mit Berufsausbildung oder einem vergleichbaren Schulabschluss in 18 europäischen Ländern. Die Stichprobe umfasst rund 24.600 Teilnehmende zwischen 25 und 64 Jahren aus dem »Programme for the International Assessment of Adult Competencies« (PIAAC). Analysiert wurden demographische Merkmale, Arbeitsmarktstatus, Verdienst, Erfahrung, Bildung sowie der Abbruch eines Bildungswegs. Zusätzlich wurden Ländermerkmale des BildungssystemsundArbeitsmarktregelungen analysiert, um mögliche Erklärungen zu finden.

 

  VERWEISE  

 

Chancengleichheit stärken: DSW fordert umfassende Reformen im Hochschulsystem
Forderungen der Studierendenwerke zur Bundestagswahl Die Mitgliederversammlung der im Deutschen Studierendenwerk (DSW) zusammengeschlossenen Studierendenwerke hat im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 zentrale Forderungen zur Stärkung der sozialen...
Die Entwicklung des Arbeitsmarktes im November 2024
BA: »Schwache Konjunktur belastet den Arbeitsmarkt«  »Die Wirtschaftsschwäche belastet weiterhin den Arbeitsmarkt. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung haben im November zwar abgenommen; die Rückgänge waren aber – wie schon im Vormonat...
Erwerbstätigkeit im Oktober 2024: Kaum Veränderungen
Im Oktober 2024 waren rund 46,1 Millionen Menschen mit Wohnort in Deutschland erwerbstätig Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) blieb die Zahl der Erwerbstätigen saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat...

.