Sexuelle Belästigung im Berufsumfeld: Jede vierte Frau betroffen

Jede*r Fünfte erlebt sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
Eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt: Sexuelle Belästigung ist in deutschen Unternehmen ein weit verbreitetes Problem. Rund 20 Prozent der Beschäftigten berichten, selbst oder im Arbeitsumfeld sexuelle Belästigung erlebt zu haben.
Besonders betroffen sind Frauen – fast jede vierte Beschäftigte gibt an, entsprechende Vorfälle erfahren zu haben. Bei Männern liegt der Anteil bei 15 Prozent.
Wer ist betroffen und wo passieren die Übergriffe?
Die meisten Vorfälle ereignen sich unter den Beschäftigten selbst. In 13 Prozent der Betriebe mit mindestens 50 Mitarbeitenden kam es in den letzten zwei Jahren zu mindestens einem Fall sexueller Belästigung. Seltener stammen die Übergriffe von außenstehenden Personen wie Kund*innen oder Geschäftspartner*innen. Nur etwa ein Prozent der Betriebe meldet Fälle mit Beteiligung von Führungskräften.
Auffällig ist: Männer berichten vor allem dann häufiger von sexueller Belästigung, wenn sie in Branchen mit hohem Frauenanteil arbeiten, etwa im Gesundheits- und Sozialwesen oder – in geringerem Maße – in der öffentlichen Verwaltung, Erziehung und Unterricht.
IAB-Forscher Jonas Jessen betont, dass Männer in solchen Sektoren wahrscheinlicher selbst betroffen sind oder Vorfälle im Umfeld erleben.
Folgen für Unternehmen: Produktivität leidet, Fluktuation steigt
Die Auswirkungen sexueller Belästigung sind gravierend. 72 Prozent der betroffenen Betriebe berichten von negativen Folgen, insbesondere für die Arbeitsmoral und Produktivität. Knapp die Hälfte der Unternehmen beobachtet zudem höhere Abwesenheitszeiten und eine gestiegene Personalfluktuation.
Diese betrieblichen Effekte erhöhen die wirtschaftlichen Kosten – gerade in Zeiten von Fachkräftemangel und hohen Einstellungskosten wird das Problem für Unternehmen besonders spürbar.
Vertrauen in Gegenmaßnahmen: Frauen skeptischer
Etwa zwei Drittel der Beschäftigten erwarten, dass der Betrieb bei Vorwürfen sexueller Belästigung aktiv wird. Frauen haben jedoch deutlich weniger Vertrauen in die Wirksamkeit betrieblicher Gegenmaßnahmen als Männer.
Der Unterschied beträgt sieben Prozentpunkte bei der Frage, ob Vorgesetzte angemessen reagieren, und sogar 14 Prozentpunkte bei der Einschätzung, ob die Geschäftsführung tatsächlich Sanktionen gegen die belästigende Person ergreifen würde.
Prävention und Definition: Was zählt als sexuelle Belästigung?
Sexuelle Belästigung umfasst laut Antidiskriminierungsstelle des Bundes jedes sexualisierte Verhalten, das von der betroffenen Person nicht erwünscht ist. Dazu zählen nicht nur verbale und physische Übergriffe wie anzügliche Sprüche oder unerwünschte Berührungen, sondern auch nonverbale Formen wie anzügliche Blicke oder das Zeigen pornografischer Bilder.
Das IAB betont, dass ein systematischer und präventiver Umgang mit sexueller Belästigung nicht nur dem Arbeits- und Gesundheitsschutz dient, sondern auch die Resilienz und langfristige Bindung der Beschäftigten stärkt.
Ähnliche Themen in dieser Kategorie
Viele arbeiten trotz Krankheit im Homeoffice Mehr als zwei Drittel der Beschäftigten in Deutschland, die im Homeoffice tätig sind, haben laut einer aktuellen Umfrage bereits krank oder sogar während einer Krankschreibung gearbeitet. Das zeigt der Arbeitssicherheitsreport der …
Stabilität am Arbeitsmarkt trotz wirtschaftlicher Eintrübung Deutschland befindet sich seit Ende 2022 in einer Rezession, doch die Unternehmen zeigen bemerkenswerte Stabilität in der Beschäftigungspolitik. Laut einer aktuellen Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und …
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat den Mobbing-Report: »Mobbing in der Arbeitswelt: Bedeutung, Verbreitung und Prävention« gemeinsam mit dem Forschungsbericht »Repräsentative Studie zum Thema Mobbing in der Arbeitswelt in der Bundesrepublik Deutschland« …
Flexibilität in der Arbeitswelt: Chancen und Herausforderungen für Gesundheit und Work-Life-Balance Die Arbeitswelt ist zunehmend von Flexibilisierung geprägt. Zeitlich flexibles Arbeiten bietet sowohl Beschäftigten als auch Unternehmen Potenziale, Arbeitszeiten besser an …