Das schlummernde Potenzial der »First-Generation Professionals«

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 Baby mit Büchern, Tafel und Doktorhut

Arbeiterkinder haben es auf ihrem Karriereweg schwerer als Kolleg*innen aus Akademikerhaushalten

Erstakademiker*innen haben es auf ihrem Karriereweg schwerer als ihre Kolleg*innen, deren Eltern studiert haben. Das gilt sowohl für den Einstieg in den Job als auch auf dem späteren Karriereweg. Die herkunftsbedingte Lücke verkleinert sich zwar im Lauf der Karriere, ganz schließen können die »First-Generation Professionals« sie jedoch nicht.

Das zeigt eine Studie der Boston Consulting Group (BCG), für die die Strategieberatung 1.125 Berufstätige aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt hat. Die Umfrage ist repräsentativ.

»Der Bildungshintergrund als Diversitätsdimension ist für viele Unternehmen ein blinder Fleck«, sagt Dr. Sebastian Ullrich, Studienautor und selbst Hochschulabsolvent in der ersten Generation. »Arbeiterkinder nicht zu fördern oder sie gar nicht erst einzustellen bedeutet jedoch verschenktes Potenzial«. Denn für Unternehmen lohnt es sich, Erstakademiker*innen zu unterstützen: Sie sind stärker intrinsisch motiviert und um 32 Prozent loyaler gegenüber dem Unternehmen als ihre Kolleg*innen aus Akademikerhaushalten.

Wünsche sind gleich – Startvoraussetzungen nicht

Gefragt nach ihren Bedürfnissen im Job, gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen Arbeiterkindern und Kolleg*innen aus Akademikerhaushalten. Am wichtigsten für alle Berufseinsteiger*innen sind das Gehalt (45 Prozent), Begeisterung für die Tätigkeit (33 Prozent) sowie der Lernfortschritt (33 Prozent).

Die Startbedingungen unterscheiden sich jedoch stark: »Erstakademiker*innen haben oft weniger lineare Lebensläufe, sie verfügen über weniger Informationen zu Karrieremöglichkeiten und schlechteren Zugang zu einem beruflichen Netzwerk. Das führt zu Hürden beim Berufsstart«, erläutert Studienautor Ullrich.

So gaben 47 Prozent der befragten Erstakademiker*innen an, aufgrund anderer Verpflichtungen keine Zeit für Praktika gehabt zu haben – das sind 11 Prozentpunkte mehr als bei der Vergleichsgruppe. Auch das Wissen um die Bedeutung von Praktika ist oft nicht vorhanden (-12 Prozentpunkte).

Die stärkste Lücke klafft jedoch beim Netzwerk: Nur ein Drittel der Arbeiterkinder gab an, dass sie beim Berufsstart Zugang zu wichtigen Kontakten hatten. Bei den Kolleg*innen aus Akademikerhaushalten war dieser Anteil fast doppelt so hoch (61 Prozent).

Die Lücke wird kleiner, schließt sich jedoch nicht

Diese Ungleichheiten bleiben während der gesamten Karriere bestehen. Die Umfragedaten zeigen zwar, dass Erstakademiker*innen im Laufe ihrer professionellen Entwicklung aufholen; ganz schließen können sie die Lücke jedoch nie. First-Generation Professionals bleiben schlechter informiert, sie können weniger gut auf Augenhöhe kommunizieren und tun sich schwerer, Kontakte in ihrer Firma zu knüpfen. Dennoch gibt es sowohl für Arbeitnehmer*innen als auch für Unternehmen Möglichkeiten, das volle Potenzial von Erstakademiker*innen zu nutzen.

Handlungsfelder, um Erstakademiker*innen zu fördern

Hier müssen Unternehmen ansetzen: Sie sollten Bewusstsein für den Bildungshintergrund schaffen, auch auf höchster Ebene. Außerdem sollten sie Eintrittsbarrieren für Arbeiterkinder anpassen und Förderprogramme wie Mentoring aufsetzen, zeigt die Studie.

Aus eigener Erfahrung weiß Autor Sebastian Ullrich jedoch auch, dass die First-Generation Professionals selbst tätig werden müssen, um in der Karriere erfolgreich zu sein. Denn auf dem Silbertablett bekommen sie ihre Chancen nicht serviert: »Verstecken Sie Ihren Hintergrund nicht – und Sie werden von der positiven Resonanz überrascht sein!« Darüber hinaus müsse man sich in Netzwerken engagieren, an Schulungen teilnehmen oder selbst Mentor*in werden.

Hintergrund
Für die Studie »FirstGen Professionals – den Karriere-Code knacken« hat die Boston Consulting Group 1.125 Berufstätige aus Deutschland (84 Prozent), Österreich (8 Prozent) und der Schweiz (8 Prozent) im Februar 2023 zu ihren Karrierewegen befragt. Die Stichprobe ist repräsentativ. Ein Hinweis auf den Hintergrund der Studie wurde bewusst nicht gegeben, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen.


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