Mit »KLUG entscheiden!« die Studien- und Berufswahl von Schüler*innen fördern

Uni Bayreuth

Richtige Entscheidungen für den eigenen Lebensweg zu treffen, kann man lernen.

Das Projekt »KLUG entscheiden!« der Universität Bayreuth zeigt: Junge Menschen, die kurz vor ihrem Schulabschluss ein systematisches Training ihrer Entscheidungskompetenzen erhalten, ziehen bei der Wahl eines Studiengangs oder einer beruflichen Ausbildung ihre Fähigkeiten und langfristigen Interessen weitaus gründlicher in Betracht, als wenn sie spontan den eigenen Wunschvorstellungen folgen oder nur den Empfehlungen anderer vertrauen. In den nächsten Wochen soll die im Projekt erfolgreich etablierte Zusammenarbeit mit ausgewählten »Leuchtturm-Schulen« in Oberfranken weiter intensiviert und ausgebaut werden.

Koordinator von »KLUG entscheiden!« ist Prof. Dr. Johannes Siebert, der das Projekt an der Universität Bayreuth aufgebaut hat und heute am MCI Management Center Innsbruck lehrt und forscht. Die fachdidaktische Beratung liegt bei Dr. Manuel Friedrich, Leiter der Didaktik der Ökonomie an der Universität Bayreuth. Das Projekt wird von der Adalbert-Raps-Stiftung, der Rainer Markgraf Stiftung und der Oberfrankenstiftung finanziell unterstützt und bis Ende 2024 in Zusammenarbeit mit der Universität Bayreuth fortgesetzt.

Entscheidungstrainings für Schüler*innen

Langjährige Forschungsarbeiten zu Theorie und Praxis der Entscheidungsfindung bilden die Grundlagen für eine fundierte Beratung von Lehrkräften sowie für die Konzeption und Durchführung von Workshops mit Schüler*innen. Eine in »Decision Sciences - Journal of Innovative Education” erschienene, von Siebert koordinierte Studie belegt die Wirksamkeit von zweitägigen Workshops, an denen Schüler*innen beruflicher Oberschulen in Oberfranken teilgenommen haben.

Im Mittelpunkt der Workshops stand die Frage: »Welchen Bildungsweg schlage ich nach der Schule ein?« Dabei wurden die Schüler*innen angeleitet, bewährte Methoden guter Entscheidungsfindung selbstständig anzuwenden. «Befragungen der Schüler*innen im Anschluss an die Workshops zeigten eindeutig, dass proaktive kognitive Fähigkeiten, die für eine sorgfältige Wahl eines Studiengangs oder einer beruflichen Ausbildung erforderlich sind, infolge des Trainings deutlich stärker ausgeprägt waren. Die Bereitschaft der Schüler*innen, sich die eigenen beruflichen und privaten Ziele zu vergegenwärtigen und ihr Leben selbstbewusst in die eigene Hand zu nehmen, war erheblich gestiegen”, berichtet Siebert. Allen Schüler*innen, die ihren weiteren Bildungsweg bewusst und gut überlegt planen wollen, steht mittlerweile auch eine App, die diese Prozesse unterstützt, kostenlos zur Verfügung.

Fortbildung und Unterrichtsmaterialien für Lehrkräfte

Das Projekt «KLUG entscheiden!” bezieht auch Lehrkräfte von Mittelschulen und weiterführenden Schulen ein. In Zusammenarbeit mit Dr. Nadine Oeser von der Didaktik der Ökonomie an der Universität Bayreuth konzipierte Siebert eintägige Workshops. Hier wurden seit Beginn des Projekts mehr als 350 Lehrkräfte, überwiegend von bayerischen Schulen, mit den theoretischen Grundlagen gut überlegter Entscheidungen und entsprechenden Vorgehensweisen vertraut gemacht. Im Dialog mit ihren Schüler*innen und deren Eltern fördern diese Lehrkräfte jetzt eine gut überlegte Studien- und Berufswahl. Deutschlandweit stößt das Projekt bereits auf großes Interesse. An einem vom «Netzwerk Berufswahl Siegel” veranstalteten Projektvorstellung nahmen mehr als 500 interessierte Lehrkräfte und Berufsberater*innen aus zahlreichen Bundesländern teil.

Ab August 2023 sind weitere Workshops für Lehrkräfte geplant, zudem werden regelmäßige Online-Beratungstermine angeboten (siehe https://www.klugentscheiden.org/fortbildung). Im Rahmen des Projekts wurden mittlerweile eine Vielzahl von Unterrichtsmaterialien erarbeitet. Dazu zählen beispielsweise Erklärvideos, Handreichungen und Verlaufspläne für Unterrichtsstunden.

Bildungs- und gesellschaftspolitische Vorteile

»KLUG entscheiden!« ist als anwendungsbezogenes Forschungsprojekt konzipiert, das auf einen direkten Nutzen für Schüler*innen abzielt. Die Schüler*innen lernen dabei auch, die ihnen vermittelten Kompetenzen konkret auf ihre eigenen Lebenssituationen und die zu treffenden Bildungsentscheidungen anzuwenden. So werden sie in die Lage versetzt, die der Studien- und Berufsorientierung dienenden Angebote von Schulen, der Agentur für Arbeit, der Kooperation »Schulen & Wirtschaft«, der Handwerkskammern, der Industrie- und Handelskammern sowie der Hochschulen optimal für sich zu nutzen. Derzeit werden in Oberfranken mehrere Leuchtturm-Schulen aufgebaut, in denen »KLUG entscheiden!« dauerhaft verankert und mit anderen Maßnahmen der Berufsorientierung abgestimmt wird.

»Die gewonnene Entscheidungskompetenz von Schülerinnen und Schülern verringert die Abbruchquoten in Studium und Ausbildung, und sie steigert insgesamt die Lebensqualität und Selbstwirksamkeit junger Menschen in Bayern. Mit KLUG entscheiden! kann Bayern sich deutschlandweit als Modell und Vorbild für einen innovativen, entscheidungstheoretisch fundierten Ansatz in der Berufsorientierung positionieren. Langfristig ist Entscheidungskompetenz auch demokratieförderlich, da junge Menschen weniger anfällig für Populismus sind, wenn sie ein reflektiertes Entscheidungsverhalten eingeübt haben«, sagt Projektleiter Prof. Dr. Johannes Siebert.

»Das Bayreuther Projekt KLUG entscheiden! bietet einen hervorragenden Rahmen für einen strukturierten Dialog mit Schülerinnen und Schülern über ihre künftigen Bildungswege. Es setzt auf persönliche Gespräche auf Augenhöhe, in die auch Lehrkräfte, Eltern und Freunde einbezogen werden, und stärkt dadurch das Vertrauen in den Nutzen und künftigen Erfolg einer gut strukturierten Entscheidungsfindung«, sagt Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbands.

Eine weltweite Allianz für gute Entscheidungsfindung

Angesichts der unübersehbaren Vielfalt von Ausbildungswegen, Berufen und Lebensentwürfen rückt die Aufgabe, junge Menschen bei ihrer Entscheidungsfindung zu begleiten, auch weltweit in den Fokus. Mit Unterstützung führender Wissenschaftler*innen auf Gebieten der Entscheidungstheorie, der Kognitionspsychologie und der Pädagogik hat sich die »Alliance for Decision Education« gegründet. Dem wissenschaftlichen Beirat dieser internationalen NGO, die sich als Impulsgeber für innovative Projekte wie »KLUG entscheiden!« versteht, gehört auch Projektleiter Prof. Siebert an. Adriana Massara, Geschäftsführerin der Allianz, sagt zu der Bayreuther Studie, die über die Erfolge mit oberfränkischen Schulen berichtet: "Diese Studie ist ein wichtiges Element, um zu zeigen, welche Auswirkungen Entscheidungserziehung auf Jugendliche haben kann. Wir sind davon überzeugt, dass die Befähigung junger Menschen zu einer besseren Entscheidungsfindung ihr gesamtes Leben positiv beeinflussen wird – in der Schule, im Beruf, in Beziehungen, in der Familie, in der Gemeinde und darüber hinaus."


Wissenschaftlicher Ansprechpartner
FH-Prof. PD Dr. habil. Johannes Siebert
Privatdozent an der Universität Bayreuth
Professor für Entscheidungswissenschaften und Verhaltenswissenschaften
MCI | Die Unternehmerische Hochschule®
E-Mail: [email protected]
[email protected]


Potenziale von Frauen und Mädchen im MINT-Bereich
Bundesregierung: Stärkung der MINT-Bereiche durch gezielte Förderung und Initiativen Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) setzt verstärkt darauf, Frauen und Mädchen für den MINT-Bereich zu begeistern. Staatssekretär Jens...
Studienboom ist nicht die alleinige Ursache für den Mangel an Auszubildenden
Der Mehrheit der Jugendlichen fällt es schwer, nach der Schule eine Entscheidung für eine Berufsausbildung oder ein Studium zu treffen. Dazu tragen auch zahlreiche Mythen zu Studium und Ausbildung bei, die in Gesellschaft und Politik kursieren. In...
Berufswahl und Ausbildungsabbrüche: Studien zu Ursachen und Lösungsansätzen
BIBB-Studien zu Risikofaktoren und Ursachen für vorzeitige Ausbildungsbeendigungen Jugendliche und junge Erwachsene, die eine Berufsausbildung in einem Berufsfeld beginnen, das stark von ihren ursprünglichen Berufswünschen abweicht, lösen ihr...

.