Unterschiede zwischen Frauen und Männern bei Lohn und Sorgearbeit steigen bis zur Lebensmitte stark an

 EQUAL PAY

Gender Care Gap und Gender Pay Gap nach wie vor groß – Lücken entstehen vor allem in Phase der Familiengründung

Frauen erhalten in Deutschland noch immer einen im Durchschnitt um 18 Prozent geringeren Stundenlohn als Männer.

Der Gender Pay Gap, also die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern, variiert jedoch stark mit dem Alter und nimmt ab der Phase der Familiengründung enorm zu.

Wie eine aktuelle Analyse der Forschungsgruppe Gender Economics des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt, gilt das auch mit Blick auf die Unterschiede zwischen Frauen und Männern bei der unbezahlten Sorgearbeit. Dazu zählen die Kinderbetreuung, Hausarbeit und Pflege von Angehörigen.

Auch der Gender Care Gap schnellt im typischen Alter der Familiengründung nach oben und ist noch weitaus größer als beim Lohn.

»Die Familiengründung ist sowohl für die Zeitverwendung als auch für die Lohnentwicklung vieler Frauen ein einschneidendes Ereignis«, resümiert Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics im DIW Berlin. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Clara Schäper und Annekatrin Schrenker hat Wrohlich anlässlich des heutigen Equal Care Days und des bevorstehenden Equal Pay Days Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) für die Jahre 2010 bis 2020 ausgewertet.

Gender Pay Gap und Gender Care Gap© DIW Berlin

 

Demnach ist der Gender Gap in der Sorgearbeit bei den 20- bis 24-jährigen Erwerbstätigen mit 25 Prozent zwar auch schon beträchtlich, aber im Vergleich zu später noch klein. Bei den 35- bis 39-Jährigen steigt er dann sprunghaft an: Frauen leisten in dieser Altersspanne mehr als doppelt so viel unbezahlte Sorgearbeit wie Männer, in erster Linie Kinderbetreuung. Das entspricht einem Gender Care Gap von 106 Prozent.

Betrachtet man nicht nur Erwerbstätige, sondern alle Frauen und Männer, beträgt der Gender Care Gap in dieser Altersgruppe im Durchschnitt sogar 170 Prozent. Das entspricht fast neun Stunden Sorgearbeit pro Tag bei Frauen im Vergleich zu etwa drei Stunden bei Männern.

Ab dem Alter von 40 Jahren nimmt der Gender Care Gap dann sukzessive wieder ab – im Gegensatz zu den Verdienstunterschieden, die konstant hoch bleiben. »Dafür, dass Frauen im Beruf für die Familie zurückstecken, zahlen sie mit Blick auf ihr Gehalt also auch dann noch, wenn die Kinder längst aus dem Haus sind«, sagt Co-Autorin Clara Schäper.

In der Analyse zeigen sich zudem deutliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland: Die grundsätzlichen Tendenzen über den Lebensverlauf sind zwar in beiden Landesteilen ähnlich, doch insbesondere bei der Sorgearbeit im Alter der Familiengründung sind die Unterschiede beträchtlich: Während der Gender Care Cap in Ostdeutschland in dieser Altersspanne etwa 60 Prozent nicht übersteigt, liegt er in Westdeutschland mit fast 120 Prozent ungefähr doppelt so hoch. »Frauen kehren in Ostdeutschland oft früher in den Beruf zurück und arbeiten zudem häufiger in Vollzeit«, erklärt Schäper.

Politik sollte mehr Anreize für gleichmäßige Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit setzen

Wenn die Politik das Ziel der Chancengleichheit für Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt ernsthaft verfolgen wolle, müsse sie den Studienautorinnen zufolge vor allem mehr Anreize für eine gleichmäßigere Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit in Partnerschaften setzen. Eine Möglichkeit wäre, die Zahl der Partnermonate beim Elterngeld zu erhöhen. Bisher müssen Väter nur zwei Monate Elternzeit nehmen, damit Eltern das Maximum von 14 Monaten Elterngeld in Anspruch nehmen können. Die Zahl der Partnermonate könne schrittweise auf bis zu sieben Monate angehoben werden.

Alternativ könne man die Lohnersatzrate so ausgestalten, dass der finanzielle Vorteil bei einer gleichmäßigen Aufteilung am größten ist. Auf die Agenda gehöre aber auch eine Reform des Ehegattensplittings und der Minijobs, so Wrohlich: »Beides sorgt bisher dafür, dass es sich für viele Frauen nicht lohnt, in größerem Umfang erwerbstätig zu sein. Entsprechende Reformen hätten nicht nur wichtige gleichstellungspolitische Wirkungen, sondern könnten auch den Arbeitskräftemangel lindern.«


  VERWEISE  


Mindestlohn trägt zur Gleichstellung von Frau und Mann bei
Gender Gaps bei Arbeitszeiten und monatlichen Verdiensten sind in Mindestlohnbetrieben reduziert Der Mindestlohn trägt zur Gleichstellung von Frauen und Männern bei. Denn Frauen sind häufiger vom Mindestlohn betroffen und profitieren daher...
Gender Gap Arbeitsmarkt 2023 unverändert bei 39 Prozent
Verdienstungleichheit geht langfristig zurück Der Gender Pay Gap gilt als der zentrale Indikator für Verdienstungleichheit zwischen Frauen und Männern. Diese ist jedoch nicht nur auf Bruttostundenverdienste begrenzt. Auch Phasen der Teilzeitarbeit...
Gender Care Gap 2022
Achtung: Die Angaben dieses Artikels sind teilweise nicht korrekt.Der Beitrag entstand auf der Grundlage einen Meldung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) vom 28.02.2024. Wie Destatis am 28.03.2024 mitteilte, müssen einige Angaben »aufgrund...

.