Berufsweg nach der Schule: Warum Jugendliche lieber arbeiten als ausbilden

Zwischen Job und Ausbildung: Junge Menschen am Scheideweg
In Deutschland plant laut einer aktuellen Befragung der Bertelsmann Stiftung rund jede*r Fünfte, nach dem Schulabschluss zunächst einer Arbeit nachzugehen, anstatt eine berufliche Ausbildung zu beginnen. Besonders trifft dies auf junge Menschen mit niedriger Schulbildung zu.
Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen Handlungsbedarf für verschiedene gesellschaftliche Bereiche, insbesondere bei der beruflichen Orientierung und beim Übergang Schule-Beruf.
Junge Menschen wollen arbeiten, nicht ausbilden
Von den befragten Schüler*innen im Alter von 14 bis 25 Jahren gibt mehr als ein Viertel an, dass der Wunsch nach sofortiger Erwerbstätigkeit ein zentrales Argument gegen die Aufnahme einer Ausbildung ist.
Diese Tendenz zeigt sich besonders stark unter Jugendlichen mit niedriger Schulbildung. Viele von ihnen geben an, dass Schwierigkeiten beim Verfassen von Bewerbungen oder fehlende Qualifikationen die Ausbildungsplatzsuche erschweren. Der Bedarf an zielgerichteter Unterstützung sei laut Expert*innen hoch, so etwa durch Mentor*innen oder Beratungsangebote außerhalb der Schule, wie aus der Studie hervorgeht.
Informationsflut hemmt Jugendliche mit höherer Schulbildung
Jugendliche mit höheren Schulabschlüssen stehen vor einem anderen Problem: Die Fülle an Informationen zur Berufswahl erschwert ihnen die Orientierung. Viele fühlen sich angesichts der Vielzahl von Möglichkeiten unentschlossen.
Die Befragten sprechen sich für mehr persönliche Beratungsangebote in den Schulen aus, um Klarheit über den eigenen beruflichen Weg zu gewinnen.
Bedrohliche Lücke auf dem Ausbildungsmarkt
Nach Angaben des Berufsbildungsberichts hatten im Jahr 2023 rund 19 Prozent der 20- bis 34-Jährigen keinen Berufsabschluss – das betrifft 2,86 Millionen Menschen. Zeitgleich fehlten im Vorjahr bundesweit über 570.000 qualifizierte Arbeitskräfte.
Expert*innen warnen, dass unzureichend ausgebildete junge Menschen ein Risiko für den Arbeitsmarkt und für die Betroffenen selbst seien. Ohne formale Ausbildung wächst das Risiko von Arbeitslosigkeit und Verbleib im Niedriglohnsektor erheblich.
Ausbildung bleibt attraktiv, Zweifel an Erfolgschancen groß
Positiv bewertet die Studie das nach wie vor große Interesse junger Menschen an einer beruflichen Ausbildung: 43 Prozent streben diesen Weg nach der Schule an, 40 Prozent ein Studium.
Auffällig ist jedoch, dass Jugendliche mit niedriger Schulbildung zwar meist offen für eine Ausbildung sind, aber deutlich geringere Hoffnungen auf einen Ausbildungsplatz haben. Mehr als ein Drittel zweifelt an den eigenen Chancen. Die Expert*innen leiten daraus ab, dass gerade für diese Gruppe gezielte Fördermaßnahmen notwendig sind.
Notwendige Impulse für Politik, Bildung und Wirtschaft
Die Studie macht deutlich, dass sich der Übergang von der Schule in den Beruf nur mit passgenauen, individuell zugeschnittenen Unterstützungsangeboten erfolgreich gestalten lässt.
Gefragt sind multiprofessionelle Ansätze: von schulischer Berufsorientierung über externe Beratungsstellen bis hin zu Unternehmen, die gezielt junge Menschen mit Unterstützungsbedarf fördern. Auch junge Menschen, die die Schule ohne Abschluss verlassen, gelten der Studie zufolge als Potenzial für den Ausbildungsmarkt und dürfen nicht übersehen werden.
VERWEISE
- Zur Studie ...
- siehe auch: »DIHK: Berufsorientierung fest an allen Schulen etablieren« ...
- vgl.: »Immer mehr Abiturient*innen machen eine Ausbildung« ...
- vgl.: »Im Ländervergleich: Schulische Berufsausbildung gewinnt an Bedeutung« ...
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