Digitalisierungsschub durch Lockdown – doch soziale Unterschiede bleiben

Digitale Kompetenzen: Pandemie als Katalysator mit Grenzen
Die Corona-Pandemie hat das digitale Arbeiten in Deutschland schlagartig in den Alltag vieler Menschen gebracht.
Eine neue Studie der Universität Duisburg-Essen zeigt nun, dass die Krise zwar die digitalen Fähigkeiten vieler Menschen verbessert hat – doch die Fortschritte sind ungleich verteilt.
Wer profitiert hat – und wer nicht
Insbesondere junge, männliche, gut ausgebildete und in Städten lebende Menschen konnten ihre digitalen Kompetenzen während des Lockdowns deutlich ausbauen. Auch andere soziale Gruppen verbesserten sich, allerdings in geringerem Maße. Die digitale Kluft bleibt somit bestehen: Nicht alle Bevölkerungsgruppen profitieren gleichermaßen von der Digitalisierungsschub der Pandemie.
Was untersucht wurde
Für die Studie wurden 1.143 Personen im Alter von 18 bis 87 Jahren befragt, die regelmäßig das Internet nutzen. Analysiert wurden verschiedene digitale Fertigkeiten – von der Teilnahme an Videokonferenzen bis zur gezielten Informationssuche im Netz.
Die Ergebnisse wurden auf der renommierten CHI-Konferenz für Mensch-Maschine-Interaktion in Yokohama vorgestellt.
Digitale Kompetenz: Zwischen Zugehörigkeit und Einsamkeit
Ein zentrales Ergebnis der Untersuchung: Je stärker Menschen ihre digitalen Fähigkeiten ausbauten, desto mehr fühlten sie sich verbunden und sicher – aber auch einsam.
Medienpsychologe Neubaum, Mitautor der Studie, betont, dass digitale Kommunikation soziale Bedürfnisse nicht vollständig ersetzen könne. Die Nutzung digitaler Kanäle könne zwar das Gefühl der Zugehörigkeit stärken, aber auch das Gefühl von Isolation verstärken.
Infodemie als Herausforderung
Während der Pandemie wurde eine sogenannte Infodemie beobachtet: eine Flut aus wahren und falschen Informationen im Netz. Die Befragten gaben an, dass es künftig entscheidend sei, Falschinformationen besser zu erkennen, vertrauenswürdige von unseriösen Quellen zu unterscheiden und die Konsequenzen des eigenen Handelns im Netz einzuschätzen.
Schulen und Politik seien laut den Teilnehmenden in der Pflicht, hier für mehr Aufklärung und Bildung zu sorgen.
Zusammenfassung
Die Pandemie hat die Digitalisierung in Deutschland vorangetrieben, aber die bestehenden Unterschiede in den digitalen Kompetenzen nicht überwunden. Die soziale Spaltung bleibt bestehen – und der Umgang mit Desinformation wird zur zentralen Herausforderung für die Zukunft.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner
Prof. Dr. German Neubaum, Psychologische Prozesse der Bildung in sozialen Medien, Tel. 0203/37 9-3553, german.neubaum@uni-due.de
Hintergrund
Die Ergebnisse stammen aus einer interdisziplinären Zusammenarbeit von vier WISNA-Professor:innen aus drei unterschiedlichen Fakultäten der UDE: Prof. Dr. German Neubaum (Informatik), Prof. Dr. Irene-Angelica Chounta (Informatik), Prof. Dr. Eva Gredel (Geisteswissenschaften) und Prof. Dr. David Wiesche (Bildungswissenschaften). Ihre Studie entstand im Interdisziplinären Zentrum für Bildungsforschung (IZfB) im Forschungsschwerpunkt ForBilD – »Bildung in der digitalen Welt«.
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