Studie zu Anfeindungen in der Wissenschaft

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Von Hassrede bis Morddrohungen: Anfeindungen in der Wissenschaft sind ernstzunehmendes Problem

Populistische Kampagnen, Hassrede & sogar Morddrohungen – Forscher*innen waren besonders während der Covid-19-Pandemie Angriffen ausgesetzt, was einige sogar dazu bewegte, sich aus der öffentlichen Kommunikation zurückzuziehen. Empirisch ist über das Phänomen der Wissenschaftsfeindlichkeit bisher allerdings wenig bekannt. Wie weit verbreitet sind diese Anfeindungen? Wer ist am häufigsten betroffen? Und zeigen sich Unterschiede je nach Fachrichtung?

Eine neue repräsentative Umfrage unter deutschen Wissenschaftler*innen liefert erste Antworten. Sie wurde am Deutschen Zentrum für Hochschul- & Wissenschaftsforschung (DZHW) in Kooperation mit dem KAPAZ-Projektverbund durchgeführt. KAPAZ steht für »Kapazitäten und Kompetenzen im Umgang mit Hassrede & Wissenschaftsfeindlichkeit«. Die beteiligten Institutionen des Projektverbundes erforschen deutschlandweit das Ausmaß von Anfeindungen gegen Forschende & entwickeln institutionelle Ressourcen, um sie online & offline gegen Angriffe zu schützen.

Die Befragung von 2.600 Wissenschaftler*innen verdeutlicht, dass Anfeindungen und abwertendes Verhalten gegenüber Forschenden ein ernstzunehmendes Problem darstellen.

Diese negativen Erfahrungen betreffen nicht nur Professor*innen, sondern Personen auf allen akademischen Ebenen, so Clemens Blümel, der als Forscher am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) die Erhebung leitet. Dabei kämen die Angriffe nicht nur von außerhalb der akademischen Gemeinschaft, sondern auch innerhalb der Wissenschaft selbst sei feindliches Verhalten zu beobachten.

Steigende Spannungen zwischen Gesellschaft und Wissenschaft

Die Studie zeigt, dass Anfeindungen gegen Wissenschaftler*innen zunehmend auftreten, da die Beziehung zwischen Gesellschaft und Wissenschaft immer komplexer wird. Forschungsergebnisse und wissenschaftliche Expertise sind vermehrt Gegenstand öffentlicher Debatten, was zu Spannungen führt, insbesondere wenn wissenschaftliche Erkenntnisse als Basis für gesellschaftlich und politisch umstrittene Entscheidungen dienen.

Clemens Blümel erläuterte, dass die Wut über politische Entscheidungen oder das Gefühl der Einschränkung der eigenen Handlungsmöglichkeiten sich in Angriffen auf Forschende manifestieren könnten, wie offene Antworten aus der Befragung nahelegten. Die Ergebnisse der Befragung werfen weitere Fragen auf, die durch qualitative Interviews oder Diskussionen mit Fokusgruppen genauer untersucht werden sollten.

Schutzmaßnahmen für Wissenschaftler*innen

Zur Frage, wie sich Wissenschaftler*innen gegen Anfeindungen, Angriffe und Diffamierungen schützen können, bietet der KAPAZ-Projektverbund erste Lösungsansätze.

Nataliia Sokolovska, Projektleiterin und Forschungsleiterin am Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG), erklärte, dass KAPAZ nicht nur das Ausmaß und die Formen von Wissenschaftsfeindlichkeit erforsche, sondern auch institutionelle Unterstützungsstrukturen für Hochschulen und Forschende schaffe. Die Angebote des KAPAZ-Projektverbunds sollen den Betroffenen die nötigen Fähigkeiten vermitteln, um Anfeindungen vorzubeugen und entgegenzuwirken.

Kritische Diskurse seien zwar von Anfeindungen und Diskreditierungskampagnen zu unterscheiden, letztere könnten jedoch zur Selbstzensur unter Forschenden führen. Dies könne im schlimmsten Fall dazu führen, dass unter großem Druck nicht mehr zu wichtigen Themen wie dem Klimawandel geforscht werde, ergänzte Sokolovska.

Seit Juli 2023 bietet der Scicomm-Support, eine zentrale bundesweite Beratungsstelle für Forschende, Unterstützung bei konkreten Anfeindungen. So könnten Erkenntnisse aus der Forschung direkt in praktische Hilfsangebote umgesetzt werden.

Zukünftige Unterstützungsmaßnahmen

Die Ergebnisse der Studie fließen in verschiedene Unterstützungsangebote ein, die Forschende im Umgang mit Wissenschaftsfeindlichkeit unterstützen sollen. Geplante Maßnahmen umfassen die Weiterentwicklung der bundesweiten Beratungsstelle für Wissenschaftler*innen und Wissenschaftskommunikator*innen (Scicomm-Support), die Erstellung von Leitlinien mit ersten Maßnahmen für Betroffene in kritischen Situationen, ein Train-the-Trainer-Programm für Kommunikationsverantwortliche an Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen sowie eine Sommerschule für Wissenschaftler*innen in der frühen Karrierephase.

Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, Forschende besser auf Anfeindungen vorzubereiten und den akademischen Austausch und die wissenschaftliche Arbeit trotz zunehmender Spannungen in der Gesellschaft zu fördern und zu schützen.

Über KAPAZ
Der KAPAZ-Projektverbund wird vom Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) koordiniert und umfasst als Kooperationspartner das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), Wissenschaft im Dialog (WiD), den Bundesverband Hochschulkommunikation, das Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI) sowie die Berlin School of Public Engagement and Open Science (BSOPE) am Museum für Naturkunde Berlin (MfN) und die Freie Universität Berlin. Der KAPAZ-Projektverbund wird im Rahmen der Förderlinie »Impulse für das Wissenschaftssystem« von der Volkswagenstiftung gefördert.


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