Weiterbildungsmarkt: Unsicherheit prägt Wirtschaftsklima

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BIBB und DIE veröffentlichen wbmonitor-Umfrageergebnisse 2024

Weiterbildungsbranche 2024: Zwischen Stabilität und struktureller Unsicherheit

Die wirtschaftliche Stimmung in der deutschen Weiterbildungsbranche war im Jahr 2024 verhalten und von erheblicher Unsicherheit geprägt. Der wbmonitor-Klimawert, ein zentraler Indikator, sank um neun Punkte auf einen Gesamtwert von +13 auf einer Skala von -100 bis +100.

Diese Eintrübung ist auf zwei Hauptfaktoren zurückzuführen: Die schwache gesamtkonjunkturelle Lage in Deutschland und die rechtliche Infragestellung der bisherigen Beschäftigungspraxis von Honorarkräften, ausgelöst durch das sogenannte »Herrenberg-Urteil« des Bundessozialgerichts.

Die Verunsicherung der Branche zeigt sich in der Diskrepanz zwischen der Bewertung der aktuellen Lage und den Zukunftserwartungen: Während die gegenwärtige wirtschaftliche Situation im Herbst 2024 noch moderat positiv mit +22 bewertet wurde, fielen die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate mit nur +4 sehr zurückhaltend aus.

Eine Analyse nach Finanzierungsquellen offenbart signifikante Unterschiede: Anbieter, die hauptsächlich für betriebliche Kunden tätig sind, zeigten mit einem Klimawert von +25 die beste Stimmung, was auf einen hohen Qualifizierungsbedarf in Unternehmen hindeutet. Im Gegensatz dazu verzeichneten Anbieter im Bereich der SGB-finanzierten Weiterbildung mit -7 den niedrigsten Wert, was auf intensiven Wettbewerb in diesem Segment schließen lässt.

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Gesamtwirtschaftliches Klima und zentrale Kennzahlen

Die Analyse des Wirtschaftsklimas basiert auf der wbmonitor-Umfrage 2024, die vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) durchgeführt wurde. Die zentralen Ergebnisse spiegeln eine Branche wider, die zwischen einer akzeptablen Gegenwart und einer unsicheren Zukunft schwankt.

  • wbmonitor-Klimawert 2024: Der Gesamtwert für alle Weiterbildungsanbieter lag bei +13, was eine deutliche Abkühlung gegenüber dem Vorjahr darstellt (Rückgang um 9 Punkte).
  • Diskrepanz in der Einschätzung:
    • Aktuelle Lage (Herbst 2024): Wurde mit einem Wert von +22 als moderat positiv eingeschätzt.
    • Zukünftige Erwartungen (nächste 12 Monate): Lagen mit einem Wert von nur +4 auf einem sehr zurückhaltenden Niveau, was die erhebliche Unsicherheit unter den Anbietern unterstreicht.

Hauptursachen für die Unsicherheit

Zwei wesentliche Faktoren belasten die Stimmung und die Planungssicherheit in der Weiterbildungsbranche.

SCHWACHE GESAMTKONJUNKTUR

Die allgemeine schwache konjunkturelle Entwicklung in Deutschland bildet den wirtschaftlichen Rahmen, der die Nachfrage und die Investitionsbereitschaft im Weiterbildungssektor dämpft.

RECHTLICHE UNSICHERHEIT BEI HONORARKRÄFTEN: DAS »HERRENBERG-URTEIL«

Die größte branchenspezifische Herausforderung resultiert aus der rechtlichen Unsicherheit bezüglich der Beschäftigung von freiberuflichen Dozentinnen und Dozenten.

  • Auslöser: Ein Urteil des Bundessozialgerichts (bekannt als »Herrenberg-Urteil«) entschied für die Sozialversicherungspflicht einer freiberuflichen Musikschullehrerin.
  • Folgen für die Branche: Gesetzliche Träger leiteten daraufhin auch bei Weiterbildungsanbietern Statusfeststellungsverfahren ein, um die Beschäftigungsverhältnisse von Honorarkräften zu prüfen.
  • Finanzielles Risiko: Wurde eine Honorarbeschäftigung als unrechtmäßig eingestuft, drohten den Einrichtungen erhebliche finanzielle Nachforderungen.
  • Lösungsansatz: Seit Anfang des Jahres 2025 gilt eine Übergangsregelung, die den Anbietern bis Ende 2026 Zeit gibt, ihre Beschäftigungsstrukturen und Arbeitsorganisationsmodelle an die neue Rechtslage anzupassen.

Wirtschaftliche Lage nach Finanzierungsquellen

Die wirtschaftliche Stimmung variiert stark je nachdem, woher die Anbieter ihre Haupteinnahmen beziehen. Dies zeigt, dass die Marktsegmente unterschiedlich von den aktuellen Herausforderungen betroffen sind.

Hauptfinanzierungs-quelle

Klima-wert 2024

Analyse

Betriebliche Kunden

+25

Bester Wert im Vergleich. Dies deutet auf einen hohen und stabilen Weiterbildungsbedarf von Unternehmen hin, die die Qualifikationen ihrer Beschäftigten im Zuge von Transformationsprozessen anpassen müssen.

Staat (Kommune, Land, Bund) & EU

+13

Entspricht dem Gesamtdurchschnitt. Die Stimmung in diesem Segment ist durchschnittlich und spiegelt die allgemeine Lage wider.

Teilnehmende (Selbstzahler)

+11

Ähnlich dem Gesamtdurchschnitt. Die Stimmung ist leicht unterdurchschnittlich, aber noch im positiven Bereich.

SGB-finanzierte Weiterbildung

-7

Niedrigster Wert und im negativen Bereich. Trotz eines gestiegenen Förderniveaus ist die Stimmung hier am schlechtesten, was möglicherweise auf eine hohe Wettbewerbsintensität im Markt für Arbeitsagenturen und Jobcenter zurückzuführen ist.

 

Besondere Betroffenheit der Volkshochschulen

Weitere Analysen im BIBB-Datenreport zeigen, dass Volkshochschulen (VHS) in besonderem Maße von den Folgen der »Herrenberg«-Rechtsprechung betroffen sind.

  • Grund: Unter allen Anbietertypen beschäftigen Volkshochschulen mit Abstand die meisten Honorarkräfte.
  • Einordnung: Diese Einrichtungen sind überwiegend in den Segmenten zu finden, die ihre Einnahmen hauptsächlich von den Teilnehmenden selbst oder von staatlicher Seite beziehen. Die Unsicherheit bezüglich der Honorarkräfte stellt für sie daher eine existenzielle Herausforderung dar.

Hintergrund
Der wbmonitor ist ein Kooperationsprojekt von BIBB und DIE, das mit einer jährlichen Umfrage bei Anbietern beruflicher und allgemeiner Weiterbildung zu mehr Transparenz über die Weiterbildungslandschaft beziehungsweise deren Anbieterstrukturen beiträgt und aktuelle Veränderungen aufzeigt. An der Umfrage 2024 zum Thema »Teilnehmendengewinnung« beteiligten sich 1.200 Weiterbildungsanbieter.


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