
Deutsche Bevölkerung und Abgeordnete schätzen Schülerleistungen in ihren Bundesländern systematisch falsch ein
Bevölkerung und Abgeordnete schätzen Schülerleistungen in ihrem Bundesland systematisch falsch ein. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des ifo Instituts gemeinsam mit dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und der Technischen Universität München (TUM). Dabei sind die Einschätzungen in Bundesländern mit guten Schülerleistungen eher zu pessimistisch und in Bundesländern mit schwachen Schülerleistungen eher zu optimistisch.
Ausgangspunkt der Untersuchung waren die Schülerleistungen in Mathematik in verschiedenen Bundesländern. Hier liegen die Schulkinder aus Sachsen, Bayern und Thüringen mit den Leistungen über dem Durchschnitt. 41,1 Prozent der Befragten sehen Schulkinder aus diesen Ländern jedoch fälschlicherweise auf einem durchschnittlichen bis unterdurchschnittlichen Leistungsniveau. Zu den Bundesländern mit unterdurchschnittlichen Leistungen in Mathematik gehören Bremen, Berlin, Saarland, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen. Hier ordnen 46,1 Prozent der Befragten die Leistungen ihrer Schulkinder als durchschnittlich oder überdurchschnittlich ein. Die restlichen Bundesländer liegen in Schülerleistungstests im Durchschnitt. In diesen Ländern schätzen 62,2 Prozent der Befragten die Schülerleistungen falsch ein.
Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei den Landtagsabgeordneten in den jeweiligen Bundesländern. In den Bundesländern, die über dem Durschnitt liegen, schätzen 17,2 Prozent der Landtagsabgeordneten die Schülerleistung fälschlicherweise als durchschnittlich oder unterdurchschnittlich ein. Umgekehrt ordnen 20,2 Prozent der Abgeordneten aus unterdurchschnittlich abschneidenden Bundesländern die Leistungen der Schulkinder als durchschnittlich oder überdurchschnittlich ein. In den Bundesländern, die im Durchschnitt liegen, schätzen 63,3 Prozent der Abgeordneten die Schülerleistung falsch ein.
Bekamen die Befragten Informationen über die tatsächlichen Schülerleistungen, zeigte sich die Bevölkerung in leistungsstärkeren Bundesländern zufriedener mit der Bildungspolitik. In leistungsschwächeren Ländern hingegen verschlechterte sich die Meinung über die Arbeit der Politikverantwortlichen. „Diese Informationslücken führen dazu, dass die Bürger ihre politischen Vertreter für mögliches Politikversagen nicht zur Verantwortung ziehen können. Mehr Transparenz über die tatsächlichen Schülerleistungen in den Bundesländern könnte den Druck auf politische Entscheidungsträger erhöhen, eine möglichst gute Bildungspolitik zu betreiben“, sagen Katharina Werner und Sebastian Blesse, ifo-Forscher und Koautoren der Studie.
Die Studie basiert auf parallel durchgeführten Umfrageexperimenten mit Bürger*innen und Landtagsabgeordneten. Die Bürgerumfrage wurde im Juni 2020 mit einer repräsentativen Stichprobe im Rahmen des ifo Bildungsbarometers durchgeführt. Die Befragung der Landtagsabgeordneten umfasste etwa 30 Prozent aller deutscher Landtagsabgeordneten und wurde von Mai bis Juli 2020 vom ZEW Mannheim durchgeführt. Die Einordung der Bundesländer nach Schülerleistungen basiert auf Grundlage der Ergebnisse des IQB Bildungstrend 2018, der die mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen am Ende der Sekundarstufe I untersucht.
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