Social Media: Schlüssel zur politischen Kommunikation mit jungen Menschen

Bertelsmann Stiftung

Junge Menschen informieren sich vor allem online

Die repräsentative Studie »How to Sell Democracy Online (Fast)«, durchgeführt von Das Progressive Zentrum in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung und gefördert von der Stiftung Mercator, zeigt, dass Social Media für junge Menschen in Deutschland der entscheidende Informationsort zu politischen Themen ist.

74 Prozent der 16- bis 27-Jährigen nehmen politische Inhalte vorrangig über Plattformen wie TikTok und Instagram wahr. Klassische Medien wie Fernsehen oder Zeitungen spielen hingegen nur noch für 46 Prozent eine Rolle.

Die sozialen Netzwerke sind damit zentrale Schauplätze für Meinungsbildung und Interessenvertretung.

Kurzvideos verändern politischen Diskurs

Im Zentrum steht das Kurzvideoformat, welches maximal zwei Minuten dauert und auf Mobilgeräten konsumiert wird. Politische Kommunikation findet dort nicht mehr abstrakt statt, sondern wird direkt mit den Lebensrealitäten der jungen Generation verknüpft.

Die KI-gestützte Analyse von rund 31.000 Videos verdeutlicht: Regierung, Verwaltung und Wahlen stehen oft im Vordergrund, während Jugendthemen nur in etwa jedem vierten Beitrag explizit angesprochen werden. Bildung, obwohl häufig mit Jugendbezug, erzielt kaum Reichweite.

Influencer*innen wichtiger als Parteien

60 Prozent der jungen Menschen folgen lieber politischen Influencer*innen als Parteien oder Politiker*innen (38 Prozent).

Diese Influencer*innen machen politische Informationen greifbar und regen zur Beteiligung an. Über die algorithmisch gesteuerten Feeds stoßen sie auf Inhalte, die oft emotional und alltagsnah sind. Das schafft Vertrauen – klassische Medien können diese Nähe meist nicht abbilden.

Reichweite durch Provokation – Kritik an Angriffsformen

Videos mit Angriffen gegen politische Gegner erzielen bis zu 40 Prozent mehr Aufrufe als sachlich-neutrale Inhalte. Dennoch lehnt die Mehrheit der jungen Nutzer*innen solche Angriffsvideos ab.

Positive Selbstdarstellung überwiegt mit knapp 70 Prozent aller Beiträge, infolgedessen zeigen Parteien wie Volt und SPD besonders oft Eigenlob, während die AfD eher durch aggressive Kommunikation auffällt.

Themenwahl beeinflusst Erfolg

Migration ist das Thema mit der höchsten Reichweite auf den Plattformen, gefolgt von Wahlen. Sozialpolitik, Umwelt und Bildung erzielen deutlich weniger Aufmerksamkeit, obwohl gerade Umwelt- und Bildungsthemen große Relevanz für junge Menschen beanspruchen.

Auffällig ist, dass besonders die Jugendorganisationen der Parteien den Bezug zu jungen Menschen herstellen, aber deren Beiträge seltener viral gehen als die der Influencer*innen.

Social Media als demokratische Chance und Herausforderung

Politische Kommunikation über TikTok und Instagram funktioniert dann, wenn sie nahbar und verständlich ist. Für eine lebendige Demokratie ist es entscheidend, junge Menschen aktiv einzubinden und ihre digitalen Kanäle ernst zu nehmen.

Die Studienautor*innen empfehlen, die Ansprache an die jungen Zielgruppen individuell, glaubwürdig und visuell attraktiv zu gestalten – und dabei auf komplexe, aber einfache Sprache sowie ehrliche Botschaften zu setzen.

So könne digitale politische Kommunikation dazu beitragen, Vertrauen in demokratische Institutionen zu stärken und Demokratiebegeisterung auch online zu fördern. 


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