Studierende zwischen KI-Turbo und Lernroutine: Wie ChatGPT den Hochschulalltag umkrempelt

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KI wird zum normalen Lernwerkzeug

Eine Studie des Middlebury College von Anfang dieses Jahres zeigt: 80 Prozent der Studierenden nutzen mittlerweile generative KI wie ChatGPT. Der Anteil hat sich seit 2023 verachtfacht – ein Hinweis darauf, wie schnell sich KI an Hochschulen ausbreitet.

Die meisten Lernenden setzen KI dabei nicht ein, um Aufgaben einfach lösen zu lassen. Rund 61 Prozent nutzen die Tools vor allem als Unterstützung, wenn sie etwas besser verstehen wollen oder eine Erklärung brauchen.

KI als »Tutor on Demand«

Laut den Studienautor*innen betrachten viele Studierende KI wie einen jederzeit verfügbaren digitalen Nachhilfe-Tutor. Wer nicht Englisch als Muttersprache spricht, lässt sich Texte korrigieren. In naturwissenschaftlichen Fächern hilft KI beim Debuggen von Code. Wenn Studierende KI zur Automatisierung von Aufgaben nutzen, geschieht das meist in stressigen Phasen, um Zeit zu sparen.

Nutzungsunterschiede zwischen Fächern und Gruppen

Besonders groß ist die KI-Nutzung in Naturwissenschaften. Dort liegt sie bei 91,1 Prozent. In Literatur- und Sprachwissenschaften ist sie deutlich niedriger. Auch beim Vergleich verschiedener Gruppen zeigen sich Unterschiede: Männer nutzen KI häufiger als Frauen. Lernende mit schwächeren Leistungen greifen öfter zu KI als jene mit guten Noten. Die Autor*innen erklären das mit höherem Unterstützungsbedarf.

Mehr Verständnis, aber kaum bessere Noten

Rund 70 Prozent der Studierenden sagen, dass KI ihr Verständnis für den Stoff verbessert. 60 Prozent fühlen sich durch KI beim Lernen unterstützt. Trotzdem berichten nur etwa 40 Prozent von besseren Noten. KI hilft also eher beim Lernen selbst als beim Ergebnis.

Wissenslücken zur richtigen Nutzung

Viele Studierende wissen nicht, welche KI-Angebote ihre Hochschule bereitstellt. Auch Regeln zur richtigen Zitierweise sind oft unklar. Das erschwert einen verantwortungsvollen Umgang mit KI. Hochschulen sollten deshalb stärker erklären, wie KI sinnvoll eingebunden werden kann und welche Vorgaben gelten.

Was das für die Bildungspolitik bedeutet

Die Studie zeigt, dass generelle KI-Verbote an Hochschulen wenig bringen würden. Sie würden gerade diejenigen benachteiligen, die am meisten von Lernhilfen profitieren.

Stattdessen sollten Hochschulen und Politik klare Regeln, passende Prüfungsformate und Schulungen anbieten. Ziel ist, Studierende dabei zu unterstützen, KI sinnvoll zu nutzen, ohne dass sie die eigene Lernleistung ersetzt. 


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