Firmeninterne Trainer qualifizieren und zertifizieren

Bernhard Kuntz3Von Dr. Detlef Messerschmidt, Darmstadt.

Firmeninterne Trainer gewinnen in einer Zeit, in der der Change- und somit Lernbedarf in den Unternehmen kontinuierlich steigt, für den Unternehmenserfolg immer mehr Bedeutung. Deshalb sollten die Unternehmen diese Mitarbeiter gezielt aus- und weiterbilden und gegebenenfalls zertifizieren.

Das Weitergeben von Wissen und Vermitteln von Können ist in den Unternehmen ein alltäglicher Prozess – zum Beispiel, wenn Führungskräfte neuen oder noch unerfahrenen Mitarbeitern etwas erklären oder Mitarbeiter ihren Kollegen im Rahmen der Zusammenarbeit etwas erläutern. Meist geschieht dies in einer wenig strukturierten Form – ganz selbstverständlich und nebenbei.

Nicht selten muss die Weitergabe von Wissen und Vermittlung von Skills jedoch in einer strukturierten und professionellen Form erfolgen – unter anderem, wenn Unternehmen vor der Herausforderung stehen, eine recht große Zahl von Personen in relativ kurzer Zeit oder kontinuierlich zu schulen; zum Beispiel,

  • aufgrund gesetzlicher Vorgaben oder
  • weil sich in ihrem Markt oder bei ihren Kunden permanent etwas ändert oder
  • weil ihre Mitarbeiter im Arbeitsalltag eine sehr hohe Kompetenz und Verhaltenssicherheit brauchen oder
  • weil sie der Premium-Anbieter oder Innovations- und Serviceführer in ihrem Markt sein möchten oder
  • weil sie rasant wachsen und permanent neue Mitarbeiter integrieren müssen.

Dann benötigen die Unternehmen in der Regel firmeninterne Trainer, um ihre Ziele zu erreichen.

Deren Zahl steigt kontinuierlich, weil zahlreiche Unternehmen erkannt haben: In der von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten VUKA-Welt können wir den Qualifizierungsbedarf in unserer Organisation nicht mehr allein mit externen Trainern decken – aus Zeit-, Qualitäts- und Kostengründen.

 

Firmeninterne Trainer haben viele Vorzüge

Deshalb setzen sie beim (Weiter-)Qualifizieren ihrer Mitarbeiter verstärkt auf firmeninterne Trainer (bzw. Inhouse-Trainer), denn diese haben gegenüber externen Trainern unter anderem folgende Vorzüge:

  • Sie kennen die Kultur, Historie und Arbeitsabläufe in der Organisation. Sie müssen nicht erst »eingearbeitet« werden.
  • Sie sind in der Organisation verankert und verfügen über ein firmeninternes Netzwerk.
  • Sie sind bei akuten Fragen/Problemen stets erreichbar und ansprechbar.
  • Sie sind Kollegen, zu denen die Teilnehmer (meist) mehr Vertrauen als zu Externen haben.
  • Mit ihnen können bei Bedarf auch sehr kurzfristig Schulungen organisiert werden.
  • Mit ihnen lassen sich »smarte«, den Arbeitsprozessen angepasste Trainingsdesigns realisieren (zum Beispiel alle zwei Wochen eine Stunde).
  • Bei ihnen »rechnen« sich auch kurze Trainingseinheiten – z.B. von einer Stunde, da die bei externen Trainern oft hohen Nebenkosten für die An- und Abreise usw. entfallen.

Aufgrund dieser Vorzüge sind firmeninterne (Fach-)Trainer nahezu unverzichtbar, wenn sich ein Unternehmen zu einer lernenden Organisation entwickeln möchte.

 

Fachtrainer sind meist Part-Time-Trainer

Deshalb beschäftigen größere Unternehmen meist Fachtrainer, die full-time entweder Kollegen, Kunden oder Geschäftspartner zum Beispiel im Anwenden gewisser Produkte, Problemlösungen oder Verfahren schulen. Für die meisten Fachtrainer gilt jedoch: Sie sind Part-Time-Trainer. Das heißt, sie sind zum Beispiel:

  • Führungskräfte auf der operativen Ebene, die zuweilen in die Trainerrolle schlüpfen, beispielsweise weil es (neue) Mitarbeiter einzuarbeiten oder bei ihrer Arbeit anzuleiten gilt, oder
  • berufserfahrene Fachkräfte und/oder Spezialisten, die regelmäßig eine Trainerfunktion wahrnehmen, wenn im Unternehmen neue Verfahren, Standards oder Problemlösungen eingeführt werden, oder
  • Projektleiter, die zum Beispiel Teammitglieder oder Mitarbeiter der Fachabteilungen regelmäßig im Anwenden gewisser (Projektmanagement-)Tools schulen.

Das heißt auch:

  • Für die meisten Fachtrainer ist das Trainieren eine Zusatzaufgabe. Und:
  • Sie sind keine ausgebildeten Pädagogen oder Psychologen; sie wurden vielmehr gerade wegen ihres fundierten Fachwissens und ihrer beruflichen Erfahrung als Fachtrainer ausgewählt.

 

Die Anforderungen an Fachtrainer sind vielfältig

Dessen ungeachtet benötigen Fachtrainer jedoch, selbst wenn die genutzten Trainingskonzepte vom Personalbereich entwickelt wurden, ein pädagogisches Know-how – zum Beispiel darüber,

  • wie Lernprozesse bei Menschen ablaufen,
  • was Menschen zum Lernen motiviert und
  • wie man komplexe Lerninhalte vermittelt.

Darüber hinaus sollten sie ein Gespür für Menschen haben, um beispielsweise einschätzen zu können,

  • wie tickt mein Gegenüber,
  • wie erreiche und motiviere ich ihn,
  • wie kann ich ihn gegebenenfalls zu einer Einstellungs-/Verhaltensänderung motivieren,
  • wie erreiche ich, dass er im Arbeitsalltag das gewünschte Verhalten zeigt.

Zudem sollten Fachtrainer über gewisse Persönlichkeitsmerkmale verfügen. Ihnen sollte zum Beispiel die Arbeit und Kommunikation mit Menschen Spaß machen – auch damit sie ihre Zusatzaufgabe als Bereicherung und nicht als Mehrbelastung empfinden. Außerdem sollten sie sich als Person zurücknehmen können, denn: Ein Fachtrainer soll nicht seinem jeweiligen Gegenüber beweisen, welch toller Experte er ist, sondern bei ihm Lernprozesse in Gang setzen und diese begleiten. Dies alles gilt es bei der Auswahl, Ausbildung und Weiterbildung der Fachtrainer zu bedenken.

Generell gilt: An Fachtrainer werden sehr viele Anforderungen gestellt – auf der fachlichen, methodisch-didaktischen und persönlichen Ebene. Und diese Anforderungen verändern sich nicht nur, sie steigen auch kontinuierlich – unter anderem weil

  • sich die Unternehmen selbst, ihr Umfeld und die Erwartungen ihrer Kunden immer schneller wandeln,
  • sich folglich auch das erfolgsrelevante Wissen und Können schneller ändert und
  • aufgrund des Siegeszugs der modernen Informations- und Kommunikationstechnik zunehmend computer- und netzgestützte Lehr- und Lernmethoden auch in der Aus- und Weiterbildung der Unternehmen Einzug halten.

 

Individuelle, zielorientierte Qualifizierung nötig

Entsprechend vielfältig sind die Inhalte, die es (angehenden) Fachtrainern in ihren Aus- und -Weiterbildungen bzw. in den Train-the-trainer-Seminaren, die sie besuchen, zu vermitteln gilt. Diese sollten stets auf das Tätigkeitsfeld des jeweiligen Trainers abgestimmt sein, da zum Beispiel an einen IT- oder Technik-Trainer teils andere Anforderungen gestellt werden als an einen Trainer, der primär das Verhalten anderer Personen trainiert. Ebenso macht es einen Unterschied, ob ein Trainer primär als Produkttrainer bei Kunden und Vertriebspartnern agiert oder im Betriebsalltag seine Kollegen schult.

Ein weiterer Faktor, den es zu beachten gilt, ist: Wie viel (Vor-)Erfahrung haben die Trainer bereits? Sind sie bezogen auf ihre Funktion, anderen Menschen Wissen und Können zu vermitteln, eher »Greenhorns« oder »alte Hasen«? Doch auch hier gilt es zu differenzieren. So spielt zum Beispiel das Thema Selbstverständnis als Trainer in der Ausbildung von Newcomern meist eine große Rolle. Es kann jedoch auch in der Weiterbildung routinierter Trainer eine hohe Bedeutung haben – zum Beispiel, wenn sich die Funktion der firmeninternen Weiterbildung gewandelt hat und ihre Zielsetzung nun nicht mehr primär lautet

  • »Den Mitarbeitern soll das nötige (Fach-)Wissen und Können vermittelt werden«, sondern:
  • »Die Mitarbeiter sollen dazu befähigt werden, Probleme eigenständig zu erkennen und zu lösen.«

Dann müssen auch erfahrene Trainer ihr Selbstverständnis und Rollenverhalten überdenken.

 

Präsenz- und Online-Lernen verzahnen

Nicht immer bringen zudem die »Youngster« weniger Vorkenntnisse als die »alten Hasen« mit. So verfügen, wenn es zum Beispiel um das Thema Online-Lernen geht, die Newcomer als Digital natives oft über eine höhere Medienkompetenz als die routinierten Trainer, die häufig noch Digital Immigrants sind.

Das Thema Online-Lernen bzw. computer- und netzgestütztes Lernen spielt in der Traineraus- und Weiterbildung eine immer größere Rolle, denn: Den Unternehmen stehen heute dank der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie mehr Mittel und Wege zur Verfügung stehen, ihren Mitarbeiter Wissen zu vermitteln – zum Beispiel in Form von Lernplattformen, Online-Tutorials und Lernvideos. Doch mit ihnen können sie den Lernern in der Regel nur das Faktenwissen vermitteln, das sie für ihre Arbeit brauchen. Wenn es jedoch darum geht, dass bei ihnen die im Arbeitsalltag nötige Handlungskompetenz und Verhaltenssicherheit entsteht, dann führt in der Regel am Einsatz von Fachtrainern, die ihnen das »How-to-do« vermitteln, kein Weg vorbei – unabhängig davon, ob dies in

  • (Präsenz-)Seminaren und Trainings,
  • Online-Tutorials und Webinaren,
  • Trainings- und Coachings-on-the-job oder
  • Video-Konferenzen oder Online-Coachings

geschieht.

Deshalb spielen Blended-Learnung-Konzepte, die ein Online-Lernen und mit einem Präsenzlernen verknüpfen, in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung eine immer stärkere Rolle. Auch hieraus resultieren neue Kompetenzanforderungen an die firmeninternen Trainer.

 

Mit Trainerzertifizierung die Qualität sichern

Aufgrund der wachsenden Bedeutung der firmeninterner Trainer und weil sich die Anforderungen an diese immer schneller wandeln, stellt sich eine wachsende Zahl von Unternehmen folgende Fragen:

  • Sollten wir künftig mit einem Kompetenz-Analysetool wie dem Trainer-Kompass (siehe Kasten) regelmäßig einen Kompetenz-Check bei unseren Fachtrainern durchführen, inwieweit diese über die Kompetenzen verfügen, die sie für ein professionelles Wahrnehmen ihrer Funktion brauchen? Und:
  • Sollten wir unsere Trainer als Qualitätssicherungsmaßnahme zertifizieren lassen?

Für nicht wenige Unternehmen erübrigen sich diese Fragen, weil sie zum Beispiel aufgrund gesetzlicher Vorgaben oder Vorgaben ihrer Kunden hierzu verpflichtet sind. Sie müssen sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter oder gewisse Funktionsgruppen in ihrer Organisation regelmäßig weitergebildet werden – und zwar von Personen die nachweislich über die nötige Qualifikation verfügen. Andere Unternehmen, speziell Premiumanbieter, haben sich diese Verpflichtung selbst auferlegt – zum Beispiel, weil sie der Qualitätsführer in ihrem Markt sein möchten und mit der Zertifizierung beispielsweise ihrer Produkttrainer aktiv für sich werben möchten.

 

Lernende Organisation erfordert zertifizierte Trainer

Darüber hinaus gibt es inzwischen viele Unternehmen, die ihre firmeninternen Trainer primär systematisch aus- und weiterbilden sowie zertifizieren lassen, weil sie erkannt haben: Ohne hochqualifizierte Fachtrainer können wir in der VUKA-Welt weder die nötige Veränderungsdynamik und Agilität entfalten, noch unsere Unternehmensziele erreichen. Entsprechend viel Zeit und Geld investieren sie in die Sicherung der Qualität ihrer Trainer und die Entwicklung ihres Unternehmens hin zu einer lernenden Organisation.

Immer bedeutsamer wird auch folgendes Ziel: Die Unternehmen möchten den Frauen und Männern, die in ihrer Organisation oft Part-Time-Trainer sind und diese Funktion als Zusatzaufgabe wahrnehmen, eine angemessene Wertschätzung signalisieren – auch in Form einer beruflichen Entwicklungsperspektive jenseits der Führungskräftelaufbahn. Deshalb integrieren sie die Trainerausbildung und -zertifizierung in ihre firmeninternen Laufbahnwege – auch um die Motivation der Fachtrainer, die in Regel hochqualifizierte und berufserfahrene Fachkräfte sind, hoch zu halten und ihre Identifikation mit dem Unternehmen zu stärken. Dies ist gerade in Zeiten, in denen ein Mangel an hochqualifizierten und -motivierten Fachkräften besteht, wichtig.

 

   

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Bernhard Kuntz3

 
Dr. Detlef Messerschmidt ist Inhaber des Beratungsunternehmens Messerschmidt Training, Darmstadt, das sich auf die Aus- und Weiterbildung von Fachtrainern (wie z.B. Produkt-, Technik-, IT-Trainer) spezialisiert hat. Zudem zertifiziert es mit Hilfe des von ihm entwickelten Trainer-Kompasses firmeninterne Trainer sowie Personen, die in Unternehmen regelmäßig auch eine Trainerfunktion wahrnehmen – wie z.B. Ausbilder, Fachexperten, Projektmanager, Meister.
 

 

In unserer Reihe »Standpunkte« bieten wir von Zeit zu Zeit engagierten Akteuren aus den Bereichen Weiterbildung, Personalentwicklung und Wissensmanagement die Möglichkeit, sich mit einem aktuellen Thema an unsere Leser zu wenden. Unabhängig vom jeweiligen Inhalt weisen wir darauf hin, dass diese Artikel ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wiedergeben und nicht zwangsläufig mit der Auffassung der Redaktion in Einklang zu bringen sind.

 

 

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