Flexibilisierung der Arbeitszeit: Wie Beschäftigte auf längere Arbeitstage und steuerliche Anreize reagieren

Stoppuhren und Menschengruppe

Ein Drittel der Beschäftigten wäre bereit, an einzelnen Tagen mehr als zehn Stunden zu arbeiten

Die Bundesregierung plant, die Arbeitszeitregelungen zu flexibilisieren und steuerliche Anreize für Überstunden sowie die Ausweitung von Teilzeit zu schaffen. Eine aktuelle IAB-Studie beleuchtet, wie Beschäftigte zu diesen Plänen stehen und welche Gruppen besonders ansprechbar sind.

Bereitschaft zu längeren Arbeitstagen

Die Mehrheit der Beschäftigten sieht in der Begrenzung der täglichen Arbeitszeit einen wichtigen Schutz vor Überarbeitung. Dennoch wäre etwa ein Drittel (34 %) bereit, an einzelnen Tagen mehr als zehn Stunden zu arbeiten.

Besonders Vollzeitbeschäftigte zeigen eine höhere Bereitschaft als Teilzeitkräfte. Bereits jetzt überschreiten 10 % der Vollzeitbeschäftigten häufig die gesetzliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden pro Tag.

Steuerliche Anreize für Überstunden

45 % der Vollzeitbeschäftigten geben an, mehr Überstunden leisten zu wollen, wenn diese mit einem steuerfreien Zuschlag vergütet werden.

Dieses Angebot spricht vor allem jüngere Beschäftigte an: In der Altersgruppe bis 30 Jahre wären rund 60 % bereit, mehr Überstunden zu leisten, bei den über 60-Jährigen sind es noch 37 %. Bisher erhalten allerdings nur 14 % der Vollzeitbeschäftigten tatsächlich Überstundenzuschläge.

Anreize zur Ausweitung von Teilzeit

Auch bei Teilzeitbeschäftigten könnten finanzielle Anreize wirken. Etwa ein Drittel würde die Wochenarbeitszeit dauerhaft erhöhen, wenn eine einmalige Prämie gezahlt wird. Im Mittel könnten sich diese Beschäftigten eine Aufstockung um sechs Stunden pro Woche vorstellen.

Besonders junge Teilzeitkräfte (bis 30 Jahre) zeigen sich offen: 48 % wären bereit, ihre Stundenzahl zu erhöhen, bei den über 60-Jährigen sind es nur 24 %. Schon heute wünschen sich 16 % der Teilzeitbeschäftigten eine höhere Wochenarbeitszeit – unabhängig von Prämien.

Herausforderungen und Empfehlungen

Die Studie betont, dass steuerliche Anreize allein nicht ausreichen. Arbeitgeber müssten Überstundenzuschläge aktiv anbieten und mit Teilzeitbeschäftigten individuelle Lösungen für eine Stundenerhöhung finden. Strukturelle Hürden wie fehlende Kinderbetreuung bleiben zentrale Herausforderungen. 

Hintergrund
Die Studie von Jens Stegmaier, Jonas A. Weik, Bernd Fitzenberger und Enzo Weber beruht auf Daten der Online-Befragung »Arbeiten und Leben in Deutschland« (IAB-OPAL) der erwerbsfähigen Bevölkerung im Alter zwischen 18 und 65 Jahren. Die Ergebnisse beziehen sich auf 3.800 Befragte, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind und in Vollzeit oder Teilzeit arbeiten.


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