Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns: Bei Geringverdienern angekommen

IAQ StandpunkteDer Mindestlohn hat ganz offensichtlich die Löhne im unteren Einkommensbereich deutlich erhöht. Teilweise gab es zweistellige Zuwächse bei den Stundenverdiensten, etwa bei Frauen im ostdeutschen Handel und Gastgewerbe. »Das belegt ausdrücklich: Der Mindestlohn ist bei vielen Geringverdienern angekommen«, bilanziert Prof. Dr. Gerhard Bosch vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE).

In seiner Stellungnahme für die Mindestlohnkommission konstatiert der Arbeitsmarktexperte, dass es nicht zu dem befürchteten Beschäftigungseinbruch gekommen ist. »Im Gegenteil: die Beschäftigung wächst weiter und kein Trendbruch ist erkennbar!« Neue Arbeitsplätze gab es vor allem in sozialversicherungspflichtigen Stellen.

Als der Mindestlohn 2015 in Deutschland eingeführt wurde, setzte man das Niveau mit 8,50 Euro im Vergleich zu den westlichen Nachbarländern eher niedrig an. Trotzdem profitierten hier mit 18,9 Prozent wesentlich mehr Niedriglöhner als in anderen EU-Ländern – dort waren meist deutlich unter 10 Prozent betroffen. Nach IAQ-Berechnungen verdienten 2013 rund 6,3 Millionen abhängig Beschäftigte weniger als 8,50 Euro pro Stunde.

Probleme sieht Bosch bei Umsetzung und Kontrolle des Mindestlohns. Welche Zulagen und Sonderzahlungen anzurechnen sind, ist im Gesetz nicht ausreichend präzisiert. Umgangen wird der Mindestlohn anscheinend überwiegend durch falsche Arbeitszeit-Aufzeichnungen. Dabei geht es nicht nur um die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit und unbezahlte Überstunden, sondern vor allem auch um die Bezahlung von Urlaub, Feier- und Krankheitstagen. »Viele Betriebe nutzen den rechtlichen Sonderstatus der geringfügig Beschäftigten, um diese gesetzeswidrig anders zu behandeln. Daher muss eine Reform der Minijobs auf die Tagesordnung gesetzt werden«, fordert der IAQ-Forscher.

 

 

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