Fachkräftemangel geht infolge schwacher Konjunktur zurück, bleibt aber Herausforderung

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KfW-ifo-Fachkräftebarometer: Rund vier von zehn der deutschen Unternehmen erleben Behinderung der Geschäftstätigkeit durch fehlendes Fachpersonal

Der Fachkräftemangel in Deutschland hat durch die Konjunkturschwäche abgenommen: Im Oktober 2023 melden 39% der Unternehmen im KfW-ifo-Fachkräftebarometer eine Behinderung ihrer Geschäftstätigkeit durch fehlendes Fachpersonal – das sind 4 Prozentpunkte weniger als im Juli, dem Zeitpunkt der letzten Erhebung, und 11 Prozentpunkte weniger als im Juli 2022, als der Fachkräftemangel sein bisheriges Hoch seit Beginn der Befragung aufwies.

Trotz dieses deutlichen Rückgangs bleibt der Fachkräftemangel im historischen Vergleich immer noch auf sehr hohem Niveau und damit weiter eine Herausforderung für die Wirtschaft.

Insgesamt sind kleine und mittlere Unternehmen ebenso häufig betroffen wie große, beide Größenklassen melden den Anteil von jeweils 39%. Regional bestehen erhebliche Unterschiede. So sind die Unternehmen in Ostdeutschland mit 44% mit Abstand am häufigsten durch Fachkräftemangel betroffen, die Unternehmen in Norddeutschland mit 33% dagegen am wenigsten.

Durch die konjunkturelle Abschwächung hat sich die Fachkräfteknappheit vor allem in der Industrie erheblich verringert. 29% der Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe klagen derzeit über fehlendes Fachpersonal (Juli 2023: 35%, Juli 2022 45%). Das ist der niedrigste Wert unter den Hauptwirtschaftsbereichen.

Bei den Dienstleistern ist der Anteil mit 45% am höchsten. Im Handel melden 33% der Unternehmen einen Mangel an Fachkräften, wobei der Einzelhandel mit 39% deutlich stärker betroffen ist als der Großhandel (28%). Im Bauhauptgewerbe sehen sich 29% der Unternehmen durch fehlende Fachkräfte in ihrer Produktion eingeschränkt.

Blickt man tiefer in die Branchen, so zeigt sich, dass aktuell besonders stark Rechts- und Steuerberater und Wirtschaftsprüfer einen Mangel an Fachkräften spüren: Mit 77% betroffener Unternehmen erreicht die Branche ihren bisherigen Höchstwert. Auch die Betriebe des Landverkehrs (Straße, Schiene) melden mit 64% einen Anteil weit über dem Durchschnitt. Mehr als 50% Betroffene waren es in der Gastronomie, im Beherbergungsgewerbe, unter Architektur- und Ingenieurbüros sowie in der Gebäude- und Gartenbetreuung.

Stark nachgelassen hat der Fachkräftemangel dagegen unter anderem in der Textilindustrie (11%), der chemischen Industrie (16%), der Möbelherstellung (20%) und in der Automobilindustrie (26 %).

»Der Anteil der Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit durch Fachkräftemangel behindert sehen, ist durch die Konjunkturabschwächung zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder unter die 40%-Marke gefallen«, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW.

»Wenn sich die konjunkturelle Lage wie erwartet im kommenden Jahr verbessert, wird er jedoch auch wieder zunehmen. Denn der strukturelle Trend bleibt bestehen: Es gehen immer mehr Babyboomer in Rente und schwächer besetzte Jahrgänge rücken am Arbeitsmarkt nach. 2025 wird die Zahl der Erwerbstätigen zu schrumpfen beginnen und für den Fachkräftemangel eine neue Phase einläuten.«

Längerfristig könne das geringere Arbeitskräfteangebot das Wirtschaftswachstum auf deutlich unter 1% begrenzen. Allerdings hätten Unternehmen, Staat und die erwerbsfähige Bevölkerung es in der Hand, dem entgegenzuwirken.

»Es bedarf eines entschlossenen, zügigen Gegensteuerns, das an allen Stellschrauben ansetzt. Nötig ist eine stärkere Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Erwerbsfähigen sowie eine erhöhte Zuwanderung von Fachkräften aus Staaten außerhalb der EU. Außerdem müssen Unternehmen und Verwaltungen die Arbeitsproduktivität stärker erhöhen, um fehlende Arbeitskräfte durch Digitalisierung und Automatisierung zu ersetzen.«

Hintergrund
Für das KfW-ifo-Fachkräftebarometer (erscheint zweimal jährlich, jeweils im Frühsommer und im Herbst.) wertet KfW Research die ifo Konjunkturumfragen aus, aus denen unter anderem auch der bekannte ifo-Geschäftsklimaindex berechnet wird. Im Fachkräftebarometer wird über den Anteil der Unternehmen in Deutschland berichtet, die angeben, dass ihre Geschäftstätigkeit derzeit durch Fachkräftemangel behindert wird. Hierzu werden einmal pro Quartal rund 9.000 Unternehmen aus den Wirtschaftsbereichen Verarbeitendes Gewerbe, Bauhauptgewerbe, Handel sowie Dienstleistungen (ohne Kreditgewerbe, Versicherungen und Staat) befragt, darunter rund 7.500 Mittelständler. Neben einem Gesamtindikator zum Fachkräftemangel in der deutschen Wirtschaft sowie Indikatoren für verschiedene Sektoren und Regionen, können die Daten auch unternehmensgrößenbezogen nach Mittelständlern und Großunternehmen getrennt ausgewertet werden. Dabei zählen grundsätzlich diejenigen Unternehmen zu den Mittelständlern, die nicht mehr als 500 Beschäftigte haben und maximal 50 Mio. EUR Jahresumsatz erzielen. Zur Erhöhung der analytischen Trennschärfe müssen diese quantitativen Abgrenzungen allerdings beim Einzelhandel (maximal 12,5 Mio. EUR Jahresumsatz), beim Bauhauptgewerbe (bis zu 200 Beschäftigte) und bei den Dienstleistungen (maximal 25 Mio. EUR Jahresumsatz) enger gezogen werden. Alle Unternehmen, die mindestens einen dieser Grenzwerte überschreiten, werden als Großunternehmen klassifiziert.

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