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Deutschlands unterschätzte Schlüsselinfrastruktur
Non-formale Bildungsanbieter gelten als zentraler Treiber nachhaltiger Entwicklung. Eine aktuelle Untersuchung des Instituts Futur der Freien Universität Berlin zeigt, dass diese Akteure zwar unverzichtbar sind, aber gleichzeitig unter massivem Druck stehen.
Die Studie »Lernen für Nachhaltigkeit in non-formalen und informellen Settings« weist nach, dass ein Großteil der Angebote einen klaren Bezug zu nachhaltiger Entwicklung hat. Dennoch ist das System strukturell gefährdet.
Unsichtbare Reichweite und hoher gesellschaftlicher Nutzen
Der Sektor umfasst Workshops, Vorträge oder Exkursionen jenseits formaler Abschlüsse. Solche Lerngelegenheiten orientieren sich eng an den Bedürfnissen der Teilnehmenden und greifen alltagsrelevante Themen auf.
Über 1.200 Organisationen beteiligten sich an der bundesweiten Online-Erhebung. Rund 70 Prozent ihrer Aktivitäten adressieren Fragestellungen nachhaltiger Entwicklung. Damit leisten diese Einrichtungen einen substantiellen Beitrag zur gesellschaftlichen Transformation – weitgehend unbeachtet von der breiten Öffentlichkeit.
Strukturelle Schwächen gefährden die Bildungsarbeit
Die Untersuchung benennt gravierende strukturelle Risiken, die die Stabilität dieses Bildungsbereichs erschüttern. Die Finanzierung erfolgt häufig projektbezogen und verhindert langfristige Planung. Gleichzeitig arbeiten viele Teams unter hoher Belastung bei begrenzten Ressourcen. Mitarbeitende wechseln aufgrund unsicherer Bedingungen regelmäßig, was die Weiterentwicklung der Angebote bremst.
Es werde, so die Erstautorin Sarah Widany, deutlich, dass non-formale Bildungsanbieter entscheidend für den Transformationsprozess seien, zugleich aber »um ihre Existenz kämpfen« müssten. Sie habe betont, dass ohne langfristige strukturelle Fördermodelle wertvolle Infrastruktur verloren ginge.
Gesellschaftliche Polarisierung als zusätzlicher Risikofaktor
Neben ökonomischen Engpässen rückt ein weiterer Belastungsfaktor in den Fokus: die wachsende Polarisierung rund um Nachhaltigkeitsthemen. Viele Einrichtungen behandeln diese Konfliktlinien bewusst, um Dialogprozesse zu unterstützen und gesellschaftliche Spannungen abzubauen.
Doch genau dieses Engagement birgt Gefahren. Organisationen befürchten negative Effekte auf ihre Akzeptanz oder Finanzierung, wenn sie kontroverse Themen offen ansprechen. Damit geraten sie in ein Dilemma: Sie moderieren gesellschaftliche Verwerfungen, die gleichzeitig ihre eigene Stabilität infrage stellen.
Ein Transformationsmotor droht auszufallen
Die Analyse der Freien Universität Berlin macht deutlich, dass die non-formale Nachhaltigkeitsbildung einer der wichtigsten, aber am wenigsten geschützten Sektoren für gesellschaftliche Zukunftsfähigkeit ist.
Diese Akteure sichern lokale Dialogräume, stärken demokratische Kultur und fördern nachhaltige Handlungskompetenzen. Doch ihr Fortbestand ist fragil. Die zentrale Frage lautet daher, ob die Gesellschaft es sich weiterhin leisten kann, diese Schlüsselakteure unzureichend zu unterstützen.
Hintergrund
Die neue Untersuchung ist ein Teil des Nationalen Monitoring zu Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Das BNE-Monitoring hat das Ziel, die Verankerung und Umsetzung von Nachhaltigkeit und BNE im deutschen Bildungssystem zu erfassen. Dazu erscheinen regelmäßig Studien zu Nachhaltigkeit und BNE in der frühkindlichen Bildung, Schule, beruflichen Bildung, Hochschule, non-formalen Bildung und weiteren Bereichen.
Das BNE-Monitoring wird seit 2015 an der Freien Universität Berlin vom Institut Futur unter Leitung von Prof. Dr. Gerhard de Haan, Bildungsforscher und wissenschaftlicher Berater des UNESCO-Programms »ESD for 2030«, durchgeführt und vom Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ). Die Ergebnisse dienen der Beratung von Bildungspolitik und -praxis.
VERWEISE
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