Energiepreise: Hochschulen fordern mehr Sicherheit und Planbarkeit

Alma mater

Um die Herausforderungen der Energiekrise bewältigen zu können, brauchen Hochschulen mehr finanzielle Sicherheit und Planbarkeit.

Darin waren sich die Sachverständigen bei einer öffentlichen Anhörung im Bildungsausschuss am Mittwochmorgen einig. Anlass der Anhörung mit dem Titel »Unterstützung für Hochschulen und wissenschaftlichen Nachwuchs« war ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion. Darin fordern die Abgeordneten unter anderem, dass die Hochschulen in die Härtefallregelungen der Strom- und Gaspreisbremse aufgenommen werden sollen.

Diesen Schritt begrüßen alle vier Sachverständigen. Es sei bereits viel geschehen, doch als eine Art »Versicherung« sei die Härtefallregelung wichtig für die Planung der Universitäten, bekräftigen sie in ihren Eingangsstatements. Auch müssten sich Bund und Länder besser absprechen, um eine flächendeckende Entlastung der Hochschulen zu ermöglichen.

Als Vertreter der 57 Studierendenwerke in Deutschland war Matthias Anbuhl, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, geladen. Die Studierendenwerke seien für 2,5 Millionen Studierende zuständig.

Da sie gemeinnützig sind und sich größtenteils aus den Wohn- und Mensenumsätzen sowie Semesterbeiträgen finanzieren, bleiben den Werken laut Anbühl bei steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen nur zwei Optionen: Entweder die erhöhten Kosten müssten direkt an die Studierenden weitergegeben werden oder die Werke erhielten mehr Zuschüsse von Bund und Ländern. Insgesamt sei man zwar mit der Energiepreisbremse »glimpflich durch den Winter gekommen« und habe flächendeckende Hochschulschließungen verhindern können, aber eine »Restlast« auf den Schultern der Studierendenwerke bleibe.

Es könne nicht vom »Zufall« abhängen, welche Universität in welchem Bundesland wie unterstützt werde, bekräftigt Bernd Kriegesmann, Präsident der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen.

Es sei unstrittig, dass Wissenschaft gestärkt werden müsse, um künftige Innovationen voranzubringen. Dennoch stehe die Wissenschaft unter finanziellem Druck, sagt Kriegesmann. So würden zwar die aktuell gestiegenen Energiekosten an Hochschulen in Nordrhein-Westfalen beispielsweise durch ein Sondervermögen kompensiert, doch seien die Energiekosten » ja nicht erst durch die Krise gestiegen«. Diese Kostensteigerung der vergangenen Jahre seien bei der Hochschulfinanzierung nicht berücksichtigt worden. Ebenso blickt Kriegesmann mit Sorge auf die anstehen Tarifsteigerungen, die bei der Drittmittelfinanzierung von Forschungsprojekten nicht berücksichtigt und daher die Hochschulen zusätzlich belasten würden.

Tanja Brühl, Präsidentin der Technischen Universität Darmstadt und Vertreterin der TU9 - »die Allianz führender Technischer Universitäten in Deutschland« - betonte, dass die Universitäten durch aktuelle Energiesparmaßnahmen in ihrer Forschung eingeschränkt seien. TU9-Universitäten seien sehr »energieintensive Standorte«, da sie viele experimentelle und simulierende Arbeiten durchführten. Die Universitäten würden mittlerweile rund 20 Prozent weniger Energie verbrauchen: »Das, was wir dezentral machen können, machen wir selbstverständlich«.

Dies führe allerdings dazu, dass beispielsweise Labore geschlossen seien, Teilchenbeschleuniger aktuell nicht genutzt würden und Promotionsarbeiten stagnierten. Da sich die Universitäten derzeit auf die Bewerbung zur Exzellenzstrategie vorbereiteten, könnten sich solche Einschränkungen negativ auswirken. Brühl zeigte sich dankbar für die bisherige Unterstützung, forderte allerdings mehr Planungssicherheit bei den Entlastungen, sonst sei die »internationale Wettbewerbsfähigkeit« gefährdet.

Mittelfristig sei an der Universität Potsdam mit einer Verdopplung der Energieausgaben zu rechnen, sagt Oliver Günther, Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz. Sollte sich keine andere Lösung finden, müssten für die rund fünf Millionen Euro Mehrausgaben für Energie Stellen gestrichen werden.

Kurzfristig könne die Universität auf die eigenen Rücklagen zurückgreifen, um die gestiegenen Kosten zu stemmen. Dies sei allerdings nur eine »Einmallösung« und würde das »strukturelle Problem« nur verlagern. Viele Rücklagen seien beispielsweise für den Hochschulbau vorgesehen, der dringend vorangetrieben werden müsse, sagt Günther. Auch unter dem Gesichtspunkt eines geringeren Energieverbrauchs sei ein Aufholen beim Hochschulbau essentiell.

Laut Günther sind bei der Entlastung des Wissenschaftssystems in erster Linie die Länder gefragt, doch auch der Bund muss Verantwortung übernehmen, schließlich handelt es sich bei »Hochschulforschung und Hochschullehre« um eine gesamtstaatliche Zielsetzung. Neben der Härtefallregelung fordert er, dass der Bund die Länderförderung koordinieren und Anreize schaffen solle, damit die Länder die Hochschulen bei Energie- und Baukosten stärker unterstützen.


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