PISA 2022 - Schwerpunkt: Mathematik

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Die neueste Veröffentlichung der OECD zeigt aufschlussreiche Ergebnisse der PISA-Studie 2022, an der etwa 690.000 Schülerinnen und Schüler aus 81 Ländern teilgenommen haben, repräsentativ für nahezu 29 Millionen weltweit. Im Fokus stand dieses Mal die Mathematik.

Bemerkenswert an der PISA-Erhebung 2022 ist, dass sie als erste Studie dieser Art Daten aus der Zeit vor und nach der COVID-19-Pandemie berücksichtigt, wodurch ein umfassender Einblick in die Auswirkungen der Pandemie auf Bildung und Schülerleistungen möglich wird.

Trotz der Herausforderungen, die die Pandemie mit sich brachte, konnten 31 Länder und Volkswirtschaften ihre Leistungen in Mathematik mindestens auf dem Stand von 2018 halten.

Jedoch zeigt die Studie insgesamt einen beunruhigenden Trend: Im OECD-Durchschnitt gab es einen historischen Rückgang in den Leistungen. Im Vergleich zu 2018 fielen die Ergebnisse in Lesekompetenz um 10 Punkte und in Mathematik sogar um fast 15 Punkte. Dieser Abfall in der Mathematikleistung markiert den dreifach stärkeren Rückgang im Vergleich zu vorherigen PISA-Erhebungen.

Interessanterweise lässt sich der Leistungsrückgang nicht ausschließlich auf die Pandemie zurückführen. Die Ergebnisse in Lesekompetenz und Naturwissenschaften hatten bereits vor der Pandemie begonnen zu sinken. Auch in der Mathematik waren in einigen Ländern bereits vor 2018 negative Trends erkennbar. Diese Entwicklungen werfen Fragen auf bezüglich der langfristigen Auswirkungen der Pandemie auf die Bildung und der Herausforderungen, denen sich das Bildungssystem global gegenübersieht.

Die wichtigsten Ergebnisse für Deutschland im Überblick

  • Die mittleren Kompetenzen 15jähriger in Deutschland liegen in Mathematik bei 475 Punkten (OECD 472), in Lesen bei 480 Punkten (OECD 476) und in den Naturwissenschaften bei 492 Punkten (OECD 485).
  • Damit liegen die Jugendlichen in Deutschland in Mathematik und Lesen im OECD-Durchschnitt; in den Naturwissenschaften liegt Deutschland nach wie vor über dem OECD-Durchschnitt.
  • In allen drei Domänen (Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften) sind deutliche Kompetenzverluste im Vergleich zur letzten Erhebung 2018 zu verzeichnen: Mathematik minus 25 Punkte; Lesen minus 18 Punkte und Naturwissenschaften minus 11 Punkte. Der OECD-Durchschnitt verringerte sich ebenfalls, aber weniger stark als in Deutschland.
  • Nach zwischenzeitlichem Anstieg der Kompetenzen in Mathematik und Naturwissenschaften bis 2012 und in Lesen bis 2015 sind seitdem Leistungsrückgänge zu verzeichnen. Das aktuelle Ergebnis in Mathematik (475 Punkte) liegt unter dem Wert von 2003 (503 Punkte).
  • In Mathematik gelten 30 Prozent (OECD 31 Prozent) als leistungsschwach (unter Kompetenzstufe 2), in Lesen 26 Prozent (OECD 26 Prozent) und in den Naturwissenschaften 23 Prozent (OECD 25 Prozent). Die Anteile sind im Vergleich zu 2018 national und auf OECD-Ebene in allen drei Domänen gestiegen.
  • In Mathematik gelten 9 Prozent (OECD 9 Prozent) als leistungsstark (Kompetenzstufe 5 oder 6), in Lesen 8 Prozent (OECD 7 Prozent) und in den Naturwissenschaften 10 Prozent (OECD 8Prozent). In Mathematik und Lesen haben die Anteile seit 2018 abgenommen; in den Naturwissenschaften sind sie weitgehend unverändert.

Weitere Ergebnisse

  • Herkunftsbezogene Ungleichheiten zeigen sich in allen OECD-Mitgliedsstaaten. Im internationalen Vergleich sind diese für Deutschland stark ausgeprägt und weiterhin hoch. Sozioökonomisch begünstigte Jugendliche in Deutschland übertreffen benachteiligte Schülerinnen und Schüler in Mathematik erheblich und stärker als im OECD-Durchschnitt um.
  • In fast allen europäischen Staaten zeigt sich eine geringere mathematische Kompetenz bei Jugendlichen aus zugewanderten Familien im Vergleich zu Jugendlichen ohne Zuwanderungshintergrund. Besonders starke Disparitäten zeigen sich in Deutschland.
  • Vor allem zugewanderte Jugendliche der ersten Generation, die selbst nach Deutschland zugewandert sind, weisen im Durchschnitt eine deutlich niedrigere mathematische Kompetenz auf. Allerdings haben sich auch Jugendliche ohne Zuwanderungshintergrund verschlechtert, über Schulformen und Leistungsniveaus hinweg.
  • Für die zweite Generation der zugewanderten Jugendlichen, deren Eltern im Ausland geboren sind, sind 2022 Kompetenzrückstände zu großen Teilen auf sozio-ökonomische Aspekte und den häuslichen Sprachgebrauch zurückzuführen.
  • Nur noch knapp über die Hälfte der Jugendlichen mit Zuwanderungshintergrund sprechen zu Hause Deutsch (2012 72 Prozent) und in der Teilgruppe der Jugendlichen der ersten Generation sind es nur 13 Prozent (2012 36 Prozent).
  • Es ist wichtig, sozio-ökonomische und zuwanderungsspezifische Effekte im Zusammenhang zu betrachten. Eltern von Jugendlichen mit Zuwanderungshintergrund weisen in Deutschland (sowie in nahezu allen anderen europäischen Staaten) tendenziell einen niedrigeren sozioökonomischen beruflichen Status auf als die Eltern Jugendlicher ohne Zuwanderungshintergrund.
  • Jungen schnitten in Mathematik um 11 Punkte besser ab als Mädchen (OECD 9). Die Mädchen schnitten im Lesen um 20 Punkte besser ab als die Jungen (OECD 24). In den Naturwissenschaften zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen.
  • Auf der Systemebene betrachtet hielten die pandemiebedingten Einschränkungen im Schulbetrieb in Deutschland länger an als im OECD-Durchschnitt.

Hintergrund

PISA ist die weltweit größte Schulleistungsstudie und untersucht die Kompetenzen von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen. Schwerpunkt der aktuellen Studie ist die Mathematik. PISA 2022 testete auch die Finanzkompetenz und kreatives Denken – die Ergebnisse dieser Erhebung werden 2024 veröffentlicht.

Die Erhebungen finden üblicherweise alle drei Jahre statt, die für 2021 geplante Erhebung wurde aber wegen der Coronapandemie um ein Jahr verschoben.

PISA fragt nicht Faktenwissen ab, sondern untersucht, ob Schülerinnen und Schüler ihr Wissen anwenden und Informationen sinnvoll verknüpfen können.


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