Wissenslücken statt Geldmangel: Darum bleibt BAföG oft liegen

BAföG und die Rolle von Fehleinschätzungen: Hoher Anspruch, geringe Nutzung
Viele Studierende lassen BAföG-Leistungen ungenutzt, obwohl sie formal förderberechtigt wären. Zwei neue Studien des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern und des Fraunhofer FIT zeigen, dass Wissenslücken Hauptauslöser des Verzichts sind – nicht mangelnde Bedürftigkeit.
Fehlwahrnehmungen bremsen Anträge
- Laut einer bundesweiten Befragung mit über 22 000 Teilnehmenden beantragen bis zu 70% der Anspruchsberechtigten kein BAföG.
- 82% unterschätzen ihre Chancen, oft weil sie das Elterneinkommen falsch einordnen.
- Selbst informierte Personen verzichten häufig, da sie Rückzahlungsverpflichtungen überschätzen.
Informationskampagnen wirken sofort
Ein Feldexperiment mit 6.200 Studierenden belegt: Klare, knappe Hinweise zu Voraussetzungen und Rückzahlung senken Fehlwahrnehmungen signifikant. Die Antragswahrscheinlichkeit steigt um 46%, besonders bei finanziell benachteiligten Haushalten.
Dr. Sebastian Riedmiller, Mitautor der Studie, erklärt, die Untersuchungen legten nahe, dass fehlendes Wissen statt fehlender Bedürftigkeit vom Antrag abhalte; gezielte Information könne das ändern.
KI-Chatbot als digitale Beratung
Fraunhofer FIT entwickelte einen KI-gestützten »BAföG-Chatbot«, der per kurzer Abfrage individuelle Förderhöhen berechnet und Fragen anonym beantwortet. Das Institut kündigte an, das Tool bundesweit an Hochschulen zu etablieren, um Lernenden den Einstieg in den Antrag zu erleichtern.
Sascha Strobl (FIT) führt aus, der Chatbot biete eine niedrigschwellige, personalisierte Ergänzung zur klassischen Beratung und solle verhindern, dass Ansprüche verfallen.
Nächste Schritte
Der Chatbot durchläuft derzeit eine wissenschaftliche Evaluation. Geplant ist, ihn künftig direkt in den Antragsprozess einzubinden und um Funktionen wie automatische Dokumentenprüfung zu erweitern.
VERWEISE
- Zusammenfassung der Studie ...
- BAföG-Chatbot (TESTVERSION) ...
- siehe auch: »Studienkredite im Test: Der Markt schrumpft dramatisch« ...
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