Hochschulen fordern grundlegende BAföG-Reform: HRK legt neue Vorschläge vor

Soziale Herkunft entscheidet weiterhin über Zugang zum Studium
Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat in einer aktuellen Entschließung auf die anhaltende soziale Ungleichheit beim Zugang zur akademischen Bildung hingewiesen.
Nach Einschätzung der HRK hängt die Entscheidung für oder gegen ein Studium in Deutschland immer noch stark davon ab, ob Eltern finanziell in der Lage und bereit sind, ihre Kinder zu unterstützen.
Die bestehenden staatlichen Förderangebote hätten diese Abhängigkeit bislang nicht ausreichend verringert – im Gegenteil: Der Anteil der Studierenden, die BAföG erhalten, sinkt seit Jahren. Viele Studierende müssten daher erhebliche Nebenjobs annehmen und seien strukturell armutsgefährdet. Dies müsse sich grundlegend ändern, so die HRK-Mitgliederversammlung.
HRK fordert umfassende Neuausrichtung des BAföG
Die HRK spricht sich für eine grundlegende Neugestaltung des BAföG aus. Ziel sei es, das Förderinstrument für eine größere Gruppe von Studierenden zugänglich zu machen und damit ein erfolgreiches sowie schnelleres Studium zu ermöglichen. Zentrale Forderungen sind:
- Deutliche Anhebung der Fördersätze auf ein existenzsicherndes Niveau
- Erhöhung der Elternfreibeträge
- Vollständige Digitalisierung des Antragsverfahrens
- Verlässliche und transparente Organisation der Förderung
Prof. Dr. Susanne Menzel-Riedl, HRK-Vizepräsidentin für Governance und Hochschulsystem, betonte, dass das BAföG seit seiner Einführung immer weniger Studierende erreiche und heute im internationalen Vergleich auf einem Tiefstand sei. Sie erklärte, das BAföG müsse so ausgestaltet werden, dass ein Studium nicht vom sozialen oder finanziellen Hintergrund der Familie abhänge.
Von der Bundesregierung erwarte die HRK eine substanzielle und nachhaltige Weiterentwicklung des BAföG, wie sie im Koalitionsvertrag angekündigt wurde.
Baukastensystem: Basisförderung und gezielte Zuschüsse
Kern des HRK-Vorschlags ist ein Baukastensystem für das BAföG:
- Basisförderung: Unabhängig vom elterlichen Einkommen soll eine Grundförderung von 300 Euro monatlich gezahlt werden, etwa als aufgestocktes Kindergeld.
- Elternabhängige Förderung: Studierende aus einkommensschwachen Haushalten sollen zusätzlich einen nicht rückzahlbaren Vollzuschuss von bis zu 700 Euro erhalten.
- Bildungsdarlehen: Bedürftige Studierende könnten ein Darlehen in Anspruch nehmen, das die monatliche Studienfinanzierung auf bis zu 1.300 Euro erhöht. Wer aufgrund zu hohen Elterneinkommens keinen BAföG-Anspruch hat, soll ein Bildungsdarlehen von bis zu 1.000 Euro erhalten können.
Bildungsgerechtigkeit als Schlüssel für die Zukunft
HRK-Präsident Prof. Dr. Walter Rosenthal unterstrich, dass Bildungsgerechtigkeit ein zentraler Wert der Demokratie sei. Angesichts des gesellschaftlichen Bedarfs an Fachkräften in Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Kultur müsse der Zugang zur Hochschulbildung deutlich verbessert werden. Das BAföG sei hierfür ein entscheidender Hebel.
Kritik an bisherigen Reformschritten
Die HRK kritisierte, dass die bisherigen Novellen des BAföG zwar einzelne Verbesserungen gebracht hätten, aber das Ziel einer umfassenden Strukturreform weiterhin verfehlt sei. Die Bedarfssätze müssten regelmäßig und angemessen erhöht werden, um das BAföG wieder zu einem wirksamen Instrument für einen chancengerechten Bildungszugang zu machen.
Zudem forderte die HRK, das Antragsverfahren zu vereinfachen und die Förderung auch für neue Studienformen wie Teilzeitstudien zu öffnen.
VERWEISE
- HRK-Entschließung »Chancengerechte akademische Bildung ohne Armutsrisiko« ...
- vgl.: »BAföG-Novelle: Ab dem Wintersemester mehr Geld« ...
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