Digitale Bildungspolitik: Es fehlt das Big Picture

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In einem neuen Diskussionspapier mahnt der Technologieverband VDE den Kurswechsel in der Bildungspolitik an  *  Fachkräftemangel verschärft sich: Bildungsoffensive der Bundesregierung schlägt fehl

Fünf Milliarden Euro will die Bundesregierung in die »digitale Bildungsoffensive« stecken, mit der sie die flächendeckende digitale Ausstattung aller Schulen erreichen möchte. Medienkompetenz sei laut Koalitionsvertrag schließlich die Voraussetzung für Deutschland als Innovationsland.

In einem neuen Diskussionspapier kommt der VDE allerdings zu einem ganz anderen Ergebnis: »Die derzeit bekannten Pläne zur Umsetzung einer digitalen Bildung greifen nicht nur zu kurz, sie greifen auch fehl«. Die digitale Bildung scheitere vor allem an den realitätsfernen Lehrplänen in Bezug auf Technik und Informatik. »Der wirtschaftliche Erfolg einer Gesellschaft hängt davon ab, wie kreativ und innovativ unsere Ingenieure in der Elektro- und Informationstechnik sind«, sagt Ansgar Hinz, CEO des VDE. »Unser Bildungssystem trägt leider nicht dazu bei, mehr Jugendliche für einen Beruf im MINT-Bereich zu begeistern«, so Hinz.

Seit Jahren beklagten die VDE-Mitgliedsunternehmen und Hochschulen der Elektro- und Informationstechnik den anhaltenden Fachkräftemangel, der sich durch die Digitalisierung weiter verschärfen werde. »Jedes dritte Unternehmen und jede dritte Hochschule rekrutiert bereits Mitarbeiter im Ausland, weil sie hierzulande nicht genügend Ingenieure und IT-Experten finden. Wir befinden uns in einem harten Standortwettbewerb um die nächste Generation«, sagt der VDE-Chef.

Lehrpläne müssen grundlegend reformiert werden
Statt die Schulen nur mit Computern auszustatten, fordert der VDE, jetzt die Stellschrauben für eine auf die Zukunft ausgerichtete Bildungspolitik zu stellen und die Lehrpläne an den Schulen grundlegend im Hinblick auf die Digitalisierung zu reformieren. »Wir stehen vor großen gesellschaftlichen Veränderungen, die mit dem digitalen Wandel einhergehen, Stichwort künstliche Intelligenz. Digitale Technologien, ihre Chancen und ihre Risiken finden sich aber in keinem Lehrplan«, bemängelt Hinz. Der Diskurs müsste daher Einzug in verschiedene Schulfächer wie natürlich Informatik, dann aber auch Geschichte, Wirtschaft, Gemeinschaftskunde, Ethik, Religion oder Deutsch finden. Nur so erreichen Jugendliche eine Technikmündigkeit, die sie befähigt, Entscheidungen über die gesellschaftliche Akzeptanz von Innovationen wie künstlicher Intelligenz oder autonomem Fahren treffen zu können und sie damit auch für eine Ausbildung in technischen Berufen motiviert. »In den Schulen herrscht dagegen Orientierungslosigkeit, vielerorts herrscht Handyverbot, Social Media wird als Untergang interpersonaler Kommunikationsweisen gepredigt und experimentierfreudige Lehrkräfte werden teils scharf kritisiert«, fügt der VDE-Chef hinzu.

Größte Hürde: didaktische Qualifikation der Lehrerschaft
Die größte Anstrengung in einer Lehrplanreform und der Einführung digitaler Medien in den Klassenräumen liegt den VDE-Experten zufolge bei der inhaltlichen, thematischen und didaktischen Qualifikation der Pädagogen. Der VDE führt dies auf deren fachliche Präferenz zurück und fordert daher die Einführung des Faches »Digitalisierung« als Startpunkt digitaler Bildung in das Lehramtsstudium. Weiterhin müsse die bestehende Lehrerschaft entsprechend weitergebildet und zusätzliches IT-Personal zur Unterstützung eingestellt werden. »Andererseits muss jeweils kritisch hinterfragt werden, ob die Beschaffung digitaler Medien für den Unterricht tatsächlich mit einer Umstellung der Didaktik einhergeht oder ob sie nur eine hektische Reaktion auf Elternnachfragen ist«, erklärt Ansgar Hinz. Schlechter Unterricht werde durch den Einsatz von Computern schließlich nicht besser, guter Unterricht schon.

Digitale Medien fördern das Lernen und sparen Geld
Visualisierung und audio-visuelle Medien im Schulunterricht können das Verstehen komplexer Zusammenhänge erleichtern. Hinzu kommt, dass digitalen Medien mittels Simulationen und Animationen teure technische Lernartefakte und Geräte ersetzen können. Lernsoftware kann teure Bausätze durch 3D-Modellsimulationen ersetzen, komplexe Abläufe wie auch gefährliche Experimente lassen sich eindrucksvoll virtuell erleben. »Deutschland ist führend bei der Erstellung und Produktion digitaler Medien für die Aus- und Weiterbildung und exportiert weltweit seine Bildungsprodukte. Umso mehr verwundert es, dass dieser Standortvorteil nicht frühzeitig in die schulische Praxis umgemünzt wurde und der Einsatz bis heute defizitär ist«, bemängelt Hinz. Allen Vorbehalten zum Trotz ist die flächendeckende Verbreitung digitaler Geräte unter den Schülerinnen und Schülern Realität. Die Digitalisierung hat das Bildungssystem längst überholt.

 

 

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