Fachkräftemangel gefährdet Kita-Qualität
Rückgang qualifizierter Fachkräfte in Kitas
Die Qualität der frühkindlichen Bildung in Deutschland steht unter Druck. Laut einer aktuellen Auswertung der Bertelsmann Stiftung ist der Anteil an Kitas mit einem hohen Anteil einschlägig qualifizierter Fachkräfte in zehn Bundesländern zwischen 2023 und 2024 gesunken.
Besonders stark betroffen sind Bremen, das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern. Lediglich in fünf Ländern war ein leichter Anstieg zu verzeichnen, den größten in Sachsen. Schon das Ländermonitoring 2024 hatte gezeigt, dass die Fachkraft-Quote seit 2017 kontinuierlich abnimmt.
Große Unterschiede zwischen den Regionen
Deutliche regionale Unterschiede verschärfen die Lage. Während ostdeutsche Kreise wie Sömmerda in Thüringen Spitzenwerte erreichen – dort verfügen 94,3 Prozent der Kita-Teams über eine hohe Fachkraft-Quote –, liegt der niedrigste Wert mit nur 2,3 Prozent im bayerischen Landkreis Augsburg.
Auch innerhalb der Bundesländer zeigen sich große Unterschiede: In Hessen reicht die Spannweite im Jahr 2024 von 66,2 Prozent in Hersfeld-Rotenburg bis zu 9,1 Prozent in Offenbach. In Nordrhein-Westfalen liegen die Werte zwischen Höxter (62 Prozent) und Mönchengladbach (9 Prozent).
Kostendruck führt zu Abstrichen bei Qualifikation
Als Hauptursache für den Rückgang nennt die Bertelsmann Stiftung den wachsenden Kostendruck der Kommunen. Immer häufiger dürfen auch fachfremde Berufsgruppen wie Geburtshelfer*innen oder Krankengymnast*innen pädagogische Aufgaben übernehmen. Alle Bundesländer haben ihre Definition des Fachkraft-Status seit 2019 erweitert. Die Stiftung warnt jedoch, dass so die Professionalität leide.
Expertin Anette Stein betont, dass pädagogische Qualifikation grundlegend für die Förderung von Kindern sei. Sie wies darauf hin, dass der wissenschaftliche Zusammenhang zwischen hoher Fachkraft-Quote und besserer Kita-Qualität klar belegt sei.
Einheitliche Standards und bessere Finanzierung gefordert
Die Bertelsmann Stiftung sieht in der derzeitigen Entwicklung eine direkte Folge unzureichender finanzieller Ausstattung von Städten und Gemeinden. Um die Kita-Qualität zu sichern, fordert sie daher:
- Einheitliche Standards
Bundesweit verbindliche Definitionen des Fachkraft-Status und berufsbegleitende Qualifizierungsangebote für Quereinsteigende. - Vorausschauende Personalplanung
Länder sollten Personalverordnungen so gestalten, dass Fachkräfte dort gebunden werden können, wo durch den demografischen Wandel genügend Personal verfügbar ist. - Finanzielle Entlastung
Bund und Länder müssten dauerhaft in frühkindliche Bildung investieren, um den Kommunen Planungssicherheit und stabile Qualitätsstandards zu ermöglichen.
Stein betonte, dass es langfristig fatal sei, Qualität zugunsten kurzfristiger Einsparungen aufs Spiel zu setzen. Ein solches Vorgehen würde die Entwicklung und Förderung von Kindern massiv beeinträchtigen.
Die Bertelsmann Stiftung hat deshalb mit der Initiative »Es geht um jedes Kind!« eine Plattform geschaffen, um den öffentlichen Diskurs über die Wichtigkeit guter Kita-Qualität zu fördern und politische Entscheidungsträger zu einem konsequenten Handeln aufzufordern.
Wissenschaftliche Basis und methodische Hinweise
Eine hohe Fachkraft-Quote gilt als erreicht, wenn mindestens 82,5 Prozent des pädagogischen Personals über einen einschlägigen Fachschulabschluss verfügen. Grundlage hierfür ist eine Empfehlung der Arbeitsgruppe Frühe Bildung des Bundesfamilienministeriums. Die Auswertung basiert auf Daten der Kinder- und Jugendhilfestatistik per 1. März 2024, die von den Statistischen Ämtern von Bund und Ländern bereitgestellt wurden.
In Bayern konnten aus Datenschutzgründen nur für 46 Prozent der Kreise und kreisfreien Städte Daten ausgewertet werden. Die Analyse wurde gemeinsam vom Österreichischen Institut für Familienforschung der Universität Wien und der Bertelsmann Stiftung durchgeführt. Zu den qualifizierten Fachkräften zählen unter anderem Diplom-Sozialpädagog*innen, Erzieher*innen und Heilpädagog*innen.
Rechtliche Rahmenbedingungen für den Kita-Bereich in den Jahren 2019 bis 2025 wurden vom Institut für personenzentrierte Hilfen der Hochschule Fulda untersucht und liefern Erkenntnisse zur Professionalisierung frühkindlicher Bildung.
Resumee
Der Rückgang an qualifizierten Fachkräften in Kindertagesstätten gefährdet die bisher erreichte Qualität der frühkindlichen Bildung in Deutschland. Hauptursache ist der Kostendruck in den Kommunen, der zum Anwerben fachfremder Mitarbeitender führt.
Einheitliche Standards und eine finanzielle Mitfinanzierung durch Bund und Länder sind laut Bertelsmann Stiftung entscheidend, um die Kita-Qualität für alle Kinder langfristig sicherzustellen. Eine nachhaltige Investition in gut qualifiziertes Personal ist eine Investition in die gesellschaftliche Zukunft.
VERWEISE
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