Studieren ohne (Fach-)Abi führt zu mehr Chancengerechtigkeit

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Studienabsolventinnen

Die Möglichkeit, sich über eine Berufsausbildung für ein Studium zu qualifizieren, hat in den zurückliegenden 25 Jahre maßgeblich dazu beigetragen, die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung zu erhöhen.

Immer mehr Menschen nutzen die Alternative zum Erwerb eines (Fach-)Abiturs. Dennoch gibt es hier noch erhebliches Verbesserungspotential, so das Ergebnis eines Workshops, den das CHE gemeinsam mit der Universität Gießen und der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe bei der BMBF-Tagung »Vielfalt und Chancengerechtigkeit in Studium und Wissenschaft« durchgeführt hat.

Die mit 330 Teilnehmern sehr gut besuchte zweitägige Veranstaltung des BMBF in Berlin hatte sich zum Ziel gesetzt, Fortschritte, Rückschritte, Desiderate, datenbasierte Befunde und Best-Practice-Beispiele mit Blick auf die Vielfalt und Chancengerechtigkeit in Studium und Wissenschaft zu beleuchten.

Vertreter*innen von CHE, Universität Gießen und der PH Karlsruhe stellten in diesem Rahmen Untersuchungsergebnisse zu unterschiedlichen Aspekten des Studiums ohne (Fach-)Abitur vor.

Einen Überblick über die Entwicklung der zurückliegenden 25 Jahre beim Studium ohne (Fach-)Abitur boten Sigrun Nickel und Anna-Lena vom CHE. Grundlage ist ein Datenmonitoring, welches regelmäßig für das vom CHE betriebene Online-Portal www.studieren-ohne-abitur.de fortgeschrieben wird.

Zwar existiert diese Form des Hochschulzugangs bereits seit 1948 im Bundesgebiet, doch lange Zeit war es nur in Hamburg und Niedersachsen möglich, ausschließlich über eine berufliche Qualifizierung an eine Hochschule zu gelangen. Entsprechend gering fiel die bundesweite Beteiligung aus. Waren es 1995 insgesamt nur rund 8.500 Studierende ohne (Fach-)Abitur, hat sich deren Zahl ein Viertjahrhundert später auf über 70.000 verachtfacht. Darunter befinden sich mit einem Erstsemesteranteil von fast 54 Prozent inzwischen auch deutlich mehr Frauen als noch vor einigen Jahren. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist die steigende Nachfrage nach einer Qualifizierung in einem gesundheitswissenschaftlichen Studiengang.

Dreiviertel der Studierenden ohne (Fach-)Abitur entscheiden sich für ein Studium an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften/Fachhochschule und das aus gutem Grund: Neben der persönlichen Weiterentwicklung und dem inhaltlichen Interesse zählt das berufliche Fortkommen zu den drei Hauptmotiven für die Aufnahme eines Studiums. Infolgedessen wählen 75 Prozent auch einen fachnahen Studiengang, wie Annika Greinert und Joachim Stiensmeier-Pelster von der Universität Gießen in ihrem Vortrag belegen konnten.

Im Auftrag der hessischen Landesregierung haben die beiden einen inzwischen erfolgreich abgeschlossen Modellversuch evaluiert. Anders als in den meisten anderen Bundesländern haben Personen ohne (Fach-)Abitur in Hessen seit zwei Jahren die Möglichkeit, ausschließlich mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung ohne zusätzliche Berufserfahrung an einer Hochschule zu studieren. Diese Chance nutzen laut der Studie der Universität Gießen vor allem Personen aus nicht-akademischen Elternhäusern. Deren Anteil liegt mit 67 Prozent deutlich über dem Anteil bei den Studierenden mit (Fach-)Abitur, wo 48 Prozent aus nicht-akademischen Elternhäusern stammen.

Dass auch das Lehramtsstudium von Studierenden ohne (Fach-)Abitur profitieren kann, machte André Epp von der PH Karlsruhe deutlich. Empirische Daten zeigen, dass nicht-traditionelle Lehramtsstudierende Erfahrungen mit in die Schule bringen, die sie dazu befähigen, ihre Schüler*innen mit anderen Augen zu sehen als viele andere Lehrerkolleg*innen, die über diese biographischen Erfahrungen nicht verfügen. Eine breitere Heterogenität der Lehrer:innenschaft hilft laut der Untersuchung der PH Karlsruhe, gerade bei Schüler*innen aus ärmeren und bildungsfernen Bevölkerungsschichten die Bildungsungleichheiten zu verringern und Chancengerechtigkeit zu befördern. Hieran mangele es allerdings noch.


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