HR Future Trends 2017: Der Mensch ist nicht im unternehmerischen Fokus
Change-Prozesse am laufenden Band, veränderungsunwillige Belegschaften und überforderte Führungskräfte: Das sind nur einige Ergebnisse aus der Umfrage »HR Future Trends«, den die AGENTUR ohne NAMEN in diesem Jahr zum fünften Mal durchführte. »VUCA und die Folgen« lautete das Thema der diesjährigen Umfrage. 132 Unternehmen aus Deutschland haben sich von Anfang Juni bis Ende September in der Online-Befragung geäußert. 47 Prozent der Befragten zählen mit jeweils über 5.000 Mitarbeitenden zu den Großunternehmen.
Der »HR Future Trends 2017« ging der Frage nach, wie Unternehmen mit VUCA umgehen und welche Folgewirkungen die VUCA-Welt auf Menschen und Unternehmen hat. VUCA ist ein Akronym und steht für volatil, ungewiss, komplex und mehrdeutig in der deutschen Übersetzung. VUCA beschreibt eine dynamische, veränderungsintensive Welt.
Dass die derzeitige Unternehmenswelt veränderungsintensiv ist, zeigt die Umfrage deutlich. 50 % der befragten Unternehmen gaben an, in den letzten drei Jahren mehr als drei Change- Prozesse durchlaufen zu haben, bei 30 % waren es mindestens zwei. Hauptgründe sind die Digitalisierung von Geschäftsprozessen, Kosteneinsparungen, zunehmender Wettbewerbsdruck, Änderung der Geschäftsfelder, Outsourcing von Arbeitsplätzen und Stellenabbau.
»Die Veränderungsdynamik ist schwindelerregend«, kommentiert Melanie Vogel von der AGENTUR ohne NAMEN das Ergebnis. »Man muss generell davon ausgehen, dass Change-Prozesse nicht linear nacheinander ablaufen. Viele Veränderungsprozesse brauchen Zeit – vor allem solche, die sich mit der Digitalisierung von Geschäftsprozessen befassen. Das bedeutet in der Konsequenz, dass mehrere Veränderungswellen gleichzeitig durch die Unternehmen rollen«.
Die Unternehmenswelt ist VUCA
Wenig überraschend erleben daher alle Befragten ihre Arbeitswelt als VUCA und bestätigen, dass sich das Arbeitsumfeld immer schneller verändert. Das erschwert langfristige Planungen, sagen 90 % der Befragten. 57 % haben zusätzlich Schwierigkeiten, die derzeitigen Veränderungen überhaupt noch nachvollziehen und verstehen zu können. »Das ist problematisch«, sagt die VUCA-Expertin Vogel. »Personalabteilungen haben einen entscheidenden Einfluss darauf, ob Change-Prozesse erfolgreich verlaufen oder nicht. In dem Moment, wo Veränderungsdynamiken nicht verstanden werden, laufen Unternehmen Gefahr, die Personalentwicklung an den Bedürfnissen der Mitarbeitenden vorbei zu planen«.
Der Mensch im Fokus? Nein!
Der diesjährige HR Future Trend offenbart, dass Menschen im Veränderungsprozess nur bedingt begleitet werden. 57% der Führungskräfte erhalten eine gezielte Begleitung im Rahmen von Change-Prozessen, bei den Mitarbeitenden sind es gerade einmal etwas mehr als ein Drittel. »Die derzeitigen Veränderungen sind in dieser Form und Radikalität eine Zäsur. Begleitung und Aufklärung sind elementar, sonst können Menschen diesen Change nicht pro-aktiv gestalten«, sagt Vogel.
In dem Moment, wo Unternehmen nicht durch Weiterbildung in die aktive Begleitung der Mitarbeitenden bei Change-Prozessen investieren, sinkt der Handlungsspielraum eines jeden einzelnen. Anstatt den Change zu befürworten, stehen Mitarbeitende und Führungskräfte Change-Prozessen ambivalent gegenüber. Auch das bestätigt die Umfrage. Mit 90% ist die Gruppe der veränderungsunwilligen Mitarbeiter erschreckend hoch. Zusätzlich begegnen die Mitarbeitenden – so gaben die Unternehmen an – den Veränderungen in den Unternehmen eher mit einer abwartenden Haltung (80%), mit Unsicherheit (77%) oder mit Angst (20%). Nur 33% reagieren neugierig bzw. mit Vorfreude (3%).
»Diese Stör-Emotionen sorgen dafür, dass Change-Prozesse ins Stocken geraten«, weiß Melanie Vogel aus Erfahrung. »Gerade jetzt wäre es aus Unternehmenssicht wichtig, in die Begleitung von Change-Prozessen zu investieren. Doch deutsche Unternehmen verharren hier ganz offensichtlich in der Passivität. Dabei wird Aussitzen die Probleme nicht lösen«.
Durch ein dauerhaftes Gefühl von Unsicherheit, Angst oder auch durch eine abwartende Haltung, sind die Mitarbeitenden nicht mehr in der Lage, ihre Kompetenzen sinnstiftend und zielfördernd einzusetzen. Das sorgt dauerhaft für Stress.
Hoher Stress- und Belastungspegel
50 % der Unternehmen gaben an, dass der Stress- und Belastungspegel in den Unternehmen in den letzten drei Jahren gestiegen ist, bei 37 % ist der deutlich gestiegen und bei 13 % auf einem hohen Niveau gleich geblieben. Keines der befragten Unternehmen gab an, dass der Stress- und Belastungspegel auf einem niedrigen Niveau gleich geblieben bzw. gesunken ist. Bei 77 % der Unternehmen sind gleichzeitig in den letzten drei Jahren die Krankenstände gestiegen bzw. auf einem hohen Niveau gleich geblieben. Außerdem gaben 70 % der befragten Unternehmen an, dass die Anforderungen an die Mitarbeitenden steigen. 53 % sehen als große Zukunftsherausforderung die zunehmende Überforderung von Führungskräften. Und 77 % stimmen der Aussage zu, dass die Stressresistenz der Mitarbeitenden zukünftig höher sein muss, um weniger planbare Arbeiten durchführen zu können.
»Alles in allem zeigt sich an diesen Ergebnissen, dass die Erwartungshaltung der Unternehmen steigt, die Anforderungen nehmen zu«, sagt Melanie Vogel. »Gleichzeitig ist jedoch auffällig, dass den steigenden Erwartungen keine Gegenleistungen in Form von Entlastungen zum Beispiel in Form von Change-Begleitungen entgegenstehen. Man bekommt den Eindruck, der Mensch spielt in Corporate Germany eine untergeordnete Rolle«.
Fazit
Eine VUCA gewordene Welt verlangt Anpassung im Akkord. Doch die Unternehmen tun relativ wenig, um Flexibilität und Agilität zu erleichtern und Change-Prozesse pro-aktiv zu begleiten. Zwar flexibilisieren 67 % der befragten Unternehmen Arbeitszeiten, doch an Cloud- und Crowdworking-Lösungen arbeiten nur 37 %, mobile und selbstbestimmte Arbeit ermöglichen nur 33 %, nur 3 % gaben an, aktiv Hierarchien abzubauen und kein einziges Unternehmen stimmte der Aussage zu »Wir überwinden in unserm Unternehmen Status-Denken«.
»Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass ein Großteil der befragten Unternehmen nicht zukunftsfit ist«, so Vogel. »Elementare Stellschrauben für agiles und flexibles Arbeiten wurden noch nicht konsequent genug angezogen. Fehlt diese Voraussetzungen, wird es für alle Beteiligten schwer, mit dynamischen und zum Teil disruptiven Veränderungen einer VUCA- Welt umzugehen«.
QUELLE: Agentur ohne Namen
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