Firmeninterne Change-Unterstützer ausbilden

Dr. Georg Kraus Ein Beitrag aus unserer »Standpunkte«-Reihe von Dr. Georg Kraus, Bruchsal.

 

Welches Qualifikationsprofil benötigen unsere Mitarbeiter, die ihre Kollegen beim Planen und Umsetzen von Veränderungen unterstützen? Das fragen sich viele Unternehmen. Zu Recht! Denn im Betriebsalltag ist oft eine Mischung aus Fach- und Verhaltenstrainer sowie Changeberater, -coach und -manager gefragt.

 

Firmeninterne Change-Unterstützer haben gegenüber externen Beratern und Coaches folgende Vorzüge:

  • Sie kennen die Kultur, Historie und Arbeitsabläufe in der Organisation.
  • Sie sind in der Organisation verankert.
  • Sie sind bei akuten Problemen stets erreich- und ansprechbar. Und:
  • Sie sind Kollegen, zu denen die Betroffenen oft mehr Vertrauen als zu Externen haben.

Diese Vorzüge sind bei der Strategieumsetzung im Betriebsalltag von unschätzbarem Wert.

Autorenangaben



Dr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal.

Er ist unter anderem Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence, der St. Gallener Business-School und der technischen Universität Clausthal.

Interne Berater ermöglichen passgenauere Designs

Ein weiterer Vorzug der firmeninternen Unterstützer ist: Weil sie sozusagen jederzeit zur Verfügung stehen, können mit ihnen sehr maßgeschneiderte und individuelle Qualifizierungskonzepte entwickelt werden – ohne dass die Kosten aus dem Ruder laufen.

Hierfür ein Beispiel. Angenommen ein Unternehmen möchte die Kompetenz seiner Mitarbeiter erhöhen, eigenständig Probleme zu erkennen und zu lösen. Dann kann es, sofern intern Change-Unterstützer mit der nötigen Qualifikation zur Verfügung stehen, beispielsweise beschließen: Wir vermitteln unseren Mitarbeitern in einem halbtägigen Seminar zunächst das nötige Basiswissen in Sachen »Kontinuierliche Verbesserung«, und danach setzen sie sich alle zwei Wochen ein, zwei Stunden mit einem firmeninternen Coach zusammen und sprechen mit ihm darüber:

  • Welche Probleme gab es bei der Arbeit in den letzten zwei Wochen?
  • Was sind ihre Ursachen und wie könnte man sie lösen? Und:
  • Wie haben sich die beim letzten Treffen vereinbarten Lösungen bewährt?

Außerdem vermittelt der Coach ihnen bei den Treffen bei Bedarf das noch fehlende Methodenwissen zum Erkennen und Nutzen von Verbesserungschancen.

Die Vorteile eines solchen Designs sind:

  • Die Mitarbeiter werden mit System beim Einüben und Umsetzen des im Seminar Gelernten im Betriebsalltag unterstützt.
  • Sie bearbeiten zeitnah Probleme, die sich ihnen im Arbeitsalltag stellen.
  • Das Wissen und Können, das die Mitarbeiter brauchen, wird ihnen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen serviert. Und:
  • Bei ihnen entsteht mit der Zeit die Verhaltenssicherheit, die sie zum eigenständigen Erkennen und Lösen von Problemen und Nutzen von Verbesserungschancen brauchen.

Diese Vorzüge haben viele Unternehmen erkannt. Deshalb bildet eine wachsende Zahl von ihnen, ausgewählte Mitarbeiter zu Trainern und Lernbegleitern sowie Changeberatern und -coaches ihrer Kollegen aus. Das tun sie teilweise aus Kostengründen, primär jedoch, um mehr Kompetenz in Sachen Changemanagement, Strategieumsetzung und Mitarbeiterqualifizierung im eigenen Haus zu haben.

Das Design der internen Weiterbildungen divergiert

Die Inhalte und Ziele dieser Weiterbildungen sind verschieden, weil die Change-Unterstützer in ihren Organisationen verschiedene Funktionen haben. Also benötigen sie auch unterschiedliche Kompetenzen.

Vereinfacht lassen sich die Change-Unterstützer vier Qualifikationsprofilen zuordnen:

1. Fachtrainer,
2. Verhaltenstrainer,
3. Change Coach,-berater sowie -manager und
4. Strategie(umsetzungs-)berater.

1. Fachtrainer

Sie sind in erster Linie Vermittler von Wissen, Erfahrung und praktischen Skills. Sie kommen zum Beispiel zum Einsatz, wenn Unternehmen neue Technologien oder Verfahren einführen und Mitarbeitergruppen das hierfür nötige Wissen und Können vermittelt werden soll. Diese Trainer müssen fachlich fit sein. Sie müssen zudem wissen: Wie lernen Erwachsene? Und: Welche Lerntypen gibt es, und wie kann man bei ihnen Lernprozesse stimulieren? Sie müssen zudem wissen, was dies für ihr Verhalten als Trainer bedeutet – insbesondere, wenn ihr Gegenüber ein Kollege ist.

Diese Trainer arbeiten oft mit Trainingskonzepten und -unterlagen, die beispielsweise die Weiterbildungsabteilung ihres Unternehmens erstellt hat. Ist dies nicht der Fall, müssen sie zudem wissen: Wie können komplexe Themen so aufbereitet werden, dass die Inhalte außer in Seminaren auch in kleinen Lerneinheiten im Betriebsalltag vermittelbar sind? Außerdem: Wie präsentiere ich Lerninhalte so, dass dies die Teilnehmer motiviert? Sie sollten zudem wissen: Wie stelle ich sicher, dass das Gelernte im Betriebsalltag umgesetzt wird?

2. Verhaltenstrainer

Sie kommen beispielsweise zum Einsatz, wenn das Ziel einer Qualifizierungsmaßnahme lautet: Die Mitarbeiter sollen danach

  • stärker als Team agieren oder
  • eigenständiger oder kundenorientierter denken und handeln.

Das heißt, bei Qualifizierungsmaßnahmen, die auch auf eine Einstellungs- und Verhaltensänderung der Teilnehmer abzielen. Deshalb benötigen sie außer den Kompetenzen eines guten Fachtrainers weitere Fähigkeiten. Ihnen sollte zum Beispiel bewusst sein, dass Menschen ihre Einstellung und ihr Verhalten meist nur ändern, wenn sie die Notwendigkeit hierzu erkannt haben und die Einstellungs- und Verhaltensänderung auch als persönlichen Gewinn erfahren. Entsprechend groß muss ihr Einfühlungsvermögen sein, und entsprechend viel Energie müssen sie darauf verwenden, die Teilnehmer als Mitstreiter zu gewinnen.

Verhaltenstrainern sollte zudem bewusst sein: Es dauert eine gewisse Zeit, bis Menschen neue Denk- und Verhaltensroutinen verinnerlicht haben. Einen entsprechend großen Raum sollten sie bei ihrer Arbeit dem Trainieren, sprich Einüben des gewünschten Verhaltens, beimessen – damit die Teilnehmer im Arbeitsalltag bei Schwierigkeiten nicht wieder in ihre alten Verhaltensmuster verfallen.

3. Change Coach, -berater und -manager

In diesem Bereich entstanden in den letzten Jahren die meisten neuen Ausbildungen aufgrund der Erkenntnis vieler Unternehmen: Das Thema Veränderung wird uns dauerhaft begleiten. Und: Der Veränderungs- und somit Lern- und Entwicklungsbedarf ist in unserer Organisation heute so groß, dass wir firmenintern eine ausreichende Zahl von Mitarbeitern brauchen, die Veränderungsprozesse planen und steuern sowie Kollegen beim Verändern ihrer Einstellung und ihres Verhaltens aktiv unterstützen können.

Hinzu kommt eine weitere Erkenntnis der Unternehmen: Der Lernbedarf bei unseren Mitarbeitern ist – aufgrund ihrer Persönlichkeit, beruflichen Vorerfahrung sowie Funktion in der Organisation – so verschieden, dass er immer schwieriger durch zentral und top-down organisierte Qualifizierungsmaßnahmen befriedigt werden kann. Also muss sich die Kompetenz zum Planen und Steuern der Qualifizierungsmaßnahmen auf die operative Ebene verlagern. Das heißt, die Führungskräfte benötigen zunehmend die Kompetenz, im Dialog mit ihren Mitarbeitern deren Entwicklungsbedarf zu ermitteln und sie beim Entwickeln der nötigen Kompetenzen zu unterstützen.

Diese Unterstützungsfunktion können Führungskräfte auch an berufserfahrene Mitarbeiter delegieren, die eine entsprechende Ausbildung durchlaufen haben. Dies ist in Organisationen, bei denen oft viele Mitarbeiter in kurzer Zeit Einstellungs- und Verhaltensänderungen vollziehen müssen, teilweise sogar nötig, weil den Führungskräften aufgrund ihrer sonstigen Aufgaben hierfür schlicht die Zeit fehlt. Also empfiehlt es sich, berufserfahrene Mitarbeiter mit dieser Aufgabe zu betrauen.

4. Strategie(umsetzungs-)berater

Diese firmeninternen Berater agieren vorwiegend auf der Top-Management-Ebene von Unternehmen. Sie sind nicht selten Absolventen einer Elite-Universität und waren häufig, bevor sie Inhouse Consultant wurden, für eine international agierende Unternehmensberatung tätig. Entsprechend exzellent ist ihr fachliches Know-how. Auch über eine fundierte Projekt- und Change-Management-Erfahrung verfügen sie.

Ihre Kernaufgaben in den Großunternehmen, in denen sie meist arbeiten, sind in der Regel,

  • das Top-Management beim Weiterentwickeln der Strategie sowie des Geschäftsmodells des Unternehmens zu unterstützen,
  • die erforderlichen Konzepte für das Umsetzen von strategischen Entscheidungen in der (gesamten) Organisation zu entwerfen,
  • das Top-Management sowie die oberen Führungskräfte bei der Strategieumsetzung in ihren Bereichen zu unterstützen und
  • das Gesamtprojekt zu steuern.

Bei diesen Beratern fokussiert sich die Qualifizierung meist darauf, ihnen das Know-how zu vermitteln, um komplexe, strategische Changeprojekte in Unternehmen zu planen, zu managen und zu evaluieren; außerdem ihnen die Tools an die Hand zu geben, um Changeprozesse so zu steuern, dass das Unternehmen seine (Entwicklungs-)Ziele erreicht.

Welches Profil sollen unsere »Unterstützer« haben?

Für alle vier genannten Gruppen firmeninterner Change-Unterstützer besteht in den Unternehmen ein wachsender Bedarf. Da die Funktion der internen Unterstützer jedoch sehr verschieden ist, sollten Unternehmen bei ihrer Auswahl und Qualifizierung sehr genau darauf achten, welche Aufgaben sie konkret im Betriebsalltag haben und welches Persönlichkeits- und Kompetenzprofil sie folglich brauchen. Denn häufig verhält es sich zum Beispiel bei den Change-Unterstützern, die auf der operativen Ebene von Unternehmen arbeiten, wie folgt: Sie müssen ihren Kollegen nicht nur das für ihre Alltagsarbeit nötige Methodenwissen vermitteln, sondern diese auch beim Umsetzen der Maßnahmen im Betriebsalltag unterstützen können. Sie müssen also sozusagen eine Mischung von Fach- und Verhaltenstrainern sowie Changecoachs, -beratern und -managern sein.

Hier genau liegt der Vorzug einer firmeninternen Weiterbildung zum »Change-Unterstützer«. Ihr Design kann voll auf den Bedarf des Unternehmens und der Mitarbeiter, die die Weiterbildung durchlaufen, abgestimmt werden. Zudem kann die Weiterbildung unmittelbar auf Herausforderungen bezogen werden, vor denen das Unternehmen aktuell oder in naher Zukunft aufgrund seiner strategischen Ziele steht.

 
In unserer Reihe »Standpunkte« bieten wir von Zeit zu Zeit engagierten Akteuren aus den Bereichen Weiterbildung, Personalentwicklung und Wissensmanagement die Möglichkeit, sich mit einem aktuellen Thema an unsere Leser zu wenden. Unabhängig vom jeweiligen Inhalt weisen wir darauf hin, dass diese Artikel ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wiedergeben und nicht zwangsläufig mit der Auffassung der Redaktion in Einklang zu bringen sind.

 

 

 

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