Respekt ist Führungskräften wichtiger geworden

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Wertekommission: Angesichts der Corona-Krise erhalten Wertschätzung und ein nachhaltiger Führungsstil größere Bedeutung in deutschen Unternehmen 

Die Corona-Krise beeinflusst auch das Wertesystem der Führungskräfte in Deutschland: Deutlich mehr Manager als in den vergangenen Jahren weisen dem Wert Respekt eine sehr hohe Priorität zu. Auch ein von Nachhaltigkeit geprägter Führungsstil wird immer häufiger favorisiert.

Darüber hinaus zeigt die diesjährige Führungskräftebefragung der Wertekommission - Initiative Werte Bewusste Führung e.V., dass sich die Einstellung der Führungskräfte in Deutschland gegenüber dem digitalen Wandel erheblich verändert hat: Sie sehen in der Digitalisierung weitaus mehr Chancen als noch vor einem Jahr - für die Gesellschaft, für den Wirtschaftsstandort und für die Arbeitswelt.

Respekt gehört zu den Top-3-Kernwerten

Die von der Wertekommission im Mai/Juni 2020 befragten 520 Manager in Deutschland nannten als ihre beiden wichtigsten Werte - wie in den Jahren zuvor - Vertrauen (30,6 Prozent) und Verantwortung (25,8 Prozent). An die dritte Stelle rückte zum ersten Mal seit Durchführung der Studie der Wert Respekt. Er erhöhte sich sprunghaft von 11,4 auf 19,6 Prozent. Die Bedeutung des Wertes Integrität ging dagegen von 18,8 auf 15,6 Prozent zurück. Die Werte Nachhaltigkeit (5,8 Prozent) und Mut (2,7 Prozent) erhielten wie in den Vorjahren die geringsten Nennungen unter den sechs Kernwerten.

»Dass Respekt in seiner Bedeutung so gestiegen ist, zeigt, wie sehr eine Krise auch Werte und Einstellungen von Menschen und damit auch von Führungskräften beeinflussen kann«, sagt Sven H. Korndörffer, Vorsitzender des Vorstands der Wertekommission. »Der zwischenmenschliche Aspekt scheint wichtiger geworden zu sein; denn Respekt ist die gegenseitige Anerkennung und Wertschätzung anderer Menschen und ihrer Leistungen. Damit zeigen die Ergebnisse, dass Solidarität, Zusammenhalt und Teamgeist auch in den Managementebenen deutscher Unternehmen durch die Corona-Krise signifikant zugenommen haben.«

Mitarbeiterorientierter Führungsstil vorherrschend

Befragt nach ihrem Führungsstil äußerten die Führungskräfte überdurchschnittlich häufig, dass sie dabei das Wohlergehen der Mitarbeiter, ihre Entwicklung und ihre Bindung an das Unternehmen im Blick haben. Rund 83 Prozent stimmten der Aussage zu, dass es ihnen wichtig sei, Menschen und lokale Communities wertzuschätzen. Deutlich wird im Antwortverhalten der Führungskräfte, dass sie eine nachhaltige Führung insbesondere mit dem Erfüllen von Mitarbeiterbedürfnissen in Verbindung bringen. Den Interessen anderer Stakeholder wird in der Ausrichtung ihres Führungsstils eine geringere Bedeutung beigemessen.

»Die Ergebnisse lassen vermuten, dass ein nachhaltiger Führungsstil, der auf die Interessen der Mitarbeiter ausgerichtet ist, von immer mehr Führungskräften favorisiert wird. Auch hierin zeigt sich die gestiegene Bedeutung von Respekt und Wertschätzung des Gegenübers«, sagt Prof. Dr. Ludger Heidbrink, Mitglied des Vorstands der Wertekommission.

»Außerdem zeigt das Ergebnis, dass Nachhaltigkeitsaspekte im Führungsverhalten sehr wohl eine bedeutsame Rolle spielen - auch wenn Nachhaltigkeit eher selten von den Führungskräften als bedeutender Kernwert genannt wird.«

Erwartungen an den digitalen Wandel stark gestiegen

Mit dem digitalen Wandel verbinden immer mehr Führungskräfte positive Auswirkungen - sei es mit Blick auf die Gesellschaft, den Wirtschaftsstandort Deutschland, die Arbeitswelt, das eigene Unternehmen oder die eigene Person. Dabei erhöhten sich die Erwartungen im Vergleich zum vergangenen Jahr deutlich: So sehen z. B. mittlerweile 87,9 Prozent der Befragten den digitalen Wandel als Chance für den Wirtschaftsstandort Deutschland - ein Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um rund 10 Prozent.

Gerade die erfahrenen Führungskräfte haben unter dem Eindruck der Corona-Pandemie ihre Einstellung zum digitalen Wandel verändert: Während 2019 eine große Anzahl der erfahrenen Führungskräfte den digitalen Wandel »eher als Chance« bewerteten, sehen diese ihn heute viel häufiger als «deutliche Chance« an. Erstaunlicherweise sahen die erfahrenen Führungskräfte weniger Risiken als die jüngeren.

Gleichwohl bezweifelten die Führungskräfte, dass die Gesellschaft, der Wirtschaftsstandort Deutschland und die Arbeitswelt auf den digitalen Wandel bereits ausreichend vorbereitet seien. Mit Blick auf die Gesellschaft in Deutschland antwortete rund die Hälfte der Führungskräfte, dass diese nicht oder sogar überhaupt nicht auf den digitalen Wandel vorbereitet sei. Auch mit Blick auf die Arbeitswelt äußerten sich 41,2 Prozent der Führungskräfte kritisch. Ihr eigenes Unternehmen sahen die Manager dagegen überwiegend gut oder eher gut vorbereitet (81,5 Prozent). 86,7 Prozent der Befragten stuften sich selbst als gut vorbereitet oder eher vorbereitet auf den digitalen Wandel ein.

Angemessene Reaktionen auf die Corona-Krise

Im Rahmen der diesjährigen Führungskräftebefragung wurden die Manager außerdem danach befragt, welche unternehmerischen Maßnahmen auf die Corona-Krise ihrer Meinung nach angemessen seien. Rund die Hälfte der Führungskräfte stimmte zu, dass es eine angemessene Reaktion sei, Kurzarbeit zu beantragen und staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen. Der Aufnahme zusätzlicher Kredite und dem Stopp von Investitionen standen die meisten Führungskräfte dagegen eher ablehnend gegenüber. 45 Prozent der Befragten sahen Investitionen sogar als wichtige Maßnahme an, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern. Mit Blick auf Boni und Dividenden stimmten 54 Prozent der Befragten eher oder ganz dafür, diese auch während der Krise auszuschütten. Nur knapp ein Viertel lehnte die Ausschüttung von Boni und Dividenden aufgrund der Corona-Krise ab. Als unangemessen beurteilten die meisten Manager die Einstellung von Mietzahlungen oder die Entlassung von Beschäftigten.

Bei der politischen Bewältigung der Corona-Krise nannten die Manager als wichtigstes Ziel, die Gesundheit der Bürger zu erhalten. 87 Prozent stimmten der Aussage voll und ganz bzw. eher zu, dass beim Wiederankurbeln der Wirtschaft der Fokus eher auf Nachhaltigkeit und weniger auf Geschwindigkeit gelegt werden solle.

Methodik der Führungskräftebefragung

An der seit 2006 regelmäßig durchgeführten Führungskräftebefragung der Wertekommission - Initiative Werte Bewusste Führung e.V. beteiligten sich in diesem Jahr 520 Führungskräfte aus der deutschen Wirtschaft, davon rund 23 Prozent aus dem Top-Management, 54 Prozent aus dem mittleren Management und 23 Prozent aus dem unteren Management.

Die Online-Befragung wurde in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Forschungs- und Wissenschaftsmanagement sowie dem neu gegründeten Institute for Life Long Learning der Technischen Universität München umgesetzt. Zeitraum der Befragung war der 26. Mai bis 12. Juni 2020. Die vollständige Auswertung der Führungskräftebefragung 2020 kann auf der Website der Wertekommission heruntergeladen werden.

Hintergrund
Seit der Aufnahme ihrer Arbeit im Jahr 2005 ist der Begriff »Wertekommission« zu einem Markenzeichen geworden. Der Untertitel »Initiative Werte Bewusste Führung« macht das Anliegen des Vereins noch klarer: Die Wertekommission, die auf dem ehrenamtlichen Engagement von Führungskräften aus verschiedenen deutschen Unternehmen und Institutionen basiert, tritt dafür ein, dass sich Werte als Grundlage modernen Managements und erfolgreicher Führung durchsetzen. Die von der Wertekommission definierten sechs Kernwerte sind Vertrauen, Verantwortung, Integrität, Respekt, Mut und Nachhaltigkeit. Sie wurden auf mittlerweile 50 so genannten Werteforen intensiv diskutiert und geschärft, neu gefasst und wieder überarbeitet. Die sechs Kernwerte bilden die Grundlage der Arbeit der Wertekommission, die neben den Werteforen Führungskräftebefragungen initiiert und Bücher zum Thema Werteorientierung publiziert.

 

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