Schüler mit Kultur fördern: Wie sehen optimale Bildungsangebote aus?

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Forschungsprojekte untersuchen künstlerische Schul-AGs und geben Empfehlungen 

Mit dem Ausbau der Ganztagsschulen seit 2003 spielt auch die Förderung durch kulturelle Bildungsangebote an Schulen eine wichtige Rolle. Kunst, Musik, Tanz und Darstellendes Spiel befördern die Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung von Kindern und Jugendlichen – das zeigten 2017 Ergebnisse von Projekten im »Forschungsfonds Kulturelle Bildung«. Doch es gibt noch zahlreiche offene Fragen dazu, was ein gelungenes kulturelles Bildungsangebot in Schule ausmacht. Seit 2018 untersuchen deshalb drei Forschungsprojekte, in welcher Weise kulturelle Aktivitäten wirken und wie es gelingen kann, optimal ausgestaltete Bildungsangebote fest in möglichst vielen Schulen zu verankern. Aus den 2021 vorliegenden Ergebnissen und Handlungsempfehlungen können Schulen lernen. Gefördert werden die drei empirischen Untersuchungen vom Stiftungsverbund Rat für Kulturelle Bildung e.V., finanziell unterstützt von der Stiftung Mercator.

Drei Forschungsprojekte zu Musik und Theater

Die drei Forschungsteams haben kürzlich mit ihren Befragungen von Schülern, Studierenden und Auszubildenden begonnen. Prof. Dr. Andreas Lehmann-Wermser von der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover und Prof. Dr. Veronika Busch von der Universität Bremen befragen unter anderem ehemalige Teilnehmer des Grundschul-Programms »Jedem Kind ein Instrument« (JeKi), das in NRW nach der Implementierungsphase von 2007 bis 2010 seit 2011 jährlich rund 60.000 Schüler erreicht. Seit 2015 heißt es JeKits und wurde durch Tanz und Gesang erweitert. Heute nehmen an JeKits rund ein Drittel aller Grundschulkinder in NRW teil.
Prof. Dr. Valerie Krupp-Schleußner von der Hochschule für Musik Mainz und Dr. Johannes Hasselhorn von der Musikhochschule Lübeck untersuchen Musik-AGs wie Schulbands, Schulorchester und -chöre an rund zwanzig Schulen.
Prof. Dr. Sascha Schroeder und Prof. Dr. Carola Surkamp, beide von der Universität Göttingen, begleiten eine englischsprachige Theater-AG an der 2011 mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichneten Georg-Christoph-Lichtenberg-Gesamtschule Göttingen. Über allen Projekten steht die Frage, wie mit Kultureller Bildung eine bessere und chancengerechte Bildung in Schule gelingen kann und wie eine nachhaltige Wirkung auf die Persönlichkeitsentwicklung von möglichst vielen Kindern und Jugendlichen erzielt werden kann.

Was wurde aus den JeKi-Schülern?

Das Projekt »Musik begleitet. Bedeutung musikalischer Bildungsangebote der Kindheit im Übergang zum Erwachsenenalter« befragt in Nordrhein-Westfalen junge Menschen um die zwanzig, die entweder an berufsbildenden Schulen in der Ausbildung sind oder gerade ihr Studium aufgenommen haben. Unter den Befragten sind auch ehemalige Teilnehmer des JeKi-Programms aus der Anfangsphase. »Die Politik wollte mit dem JeKi-Programm möglichst vielen Kindern in Nordrhein-Westfalen den Zugang zu musikalischer Bildung eröffnen, unabhängig von ihren persönlichen und sozio-ökonomischen Voraussetzungen. Wir schauen uns jetzt an: Was ist aus den musikalischen Erfahrungen der ehemaligen Teilnehmer geworden? Wie nachhaltig wirken Musikangebote aus der Grundschulzeit – beziehungsweise wie müssen diese Angebote beschaffen sein, damit sie lange wirken? Und wie erreichen Schulen auch die migrantischen Milieus im Ruhrgebiet optimal?«, erläutert Projektleiter Andreas Lehmann-Wermser.

Ist Chor cool?

Das Projekt »Musik und Persönlichkeit. Bedingungen und Wirkungen musikalischer Bildungsangebote in Schulen« begleitet Schüler der Klassenstufen 5 bis 8 in rund zwanzig Schulen in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein und befragt sie zu ihren musikalischen Interessen, insbesondere zu Musik-AGs im freiwilligen Bereich. »Untersuchungen haben leider ergeben, dass musikalische Bildungsangebote nicht oder nur begrenzt die anvisierten Zielgruppen erreichen, und dass am Ende der 6. und 7. Klasse, also bei angehenden Teenagern, ein starker Einbruch bei musikalischen Aktivitäten zu verzeichnen ist. Wir wollen hierzu mögliche Ursachen identifizieren«, sagt Projektleiterin Valerie Krupp-Schleußner. Ziel des Projektes ist es, auf Grundlage der Forschungsergebnisse Schulen zu beraten, wie musikalische Angebotsstrukturen erweitert oder verändert werden können, damit möglichst viele Jugendliche der Klassenstufen 5 bis 8 erreicht werden und auch langfristig an den Musik-AGs teilnehmen.

Bühne frei für jedes Kind?

Das Projekt »Bühne frei: Schulische Bildungsangebote im Bereich Darstellendes Spiel und ihre Wirkung auf die Persönlichkeitsentwicklung« befasst sich mit dem vielseitigen kulturellen Ganztagsangebot an der Georg-Christoph-Lichtenberg-Gesamtschule Göttingen und vertiefend mit einer englischsprachigen Theater-AG. »Es ist sehr faszinierend an dieser Schule zu untersuchen, wie das Theaterspielen auf die Persönlichkeitsentwicklung der Teilnehmenden wirkt. Es geht darum, Aspekte wie Offenheit für neue Erfahrungen, Kreativität, Empathievermögen, Motivation und sprachliches Selbstvertrauen in den Blick zu nehmen«, so Sascha Schroeder. Untersuchungsgegenstand ist auch, wie man bildungsferne Schichten erreicht und wie notwendige Ressourcen und Netzwerke auf kommunaler Eben für einen qualitätsvollen Unterricht aufgebaut werden können.

Die drei Forschungsprojekte im »Forschungsfonds Kulturelle Bildung 2018-21« der Förderlinie "Teilhabe und Persönlichkeitsentwicklung" der Stiftung Mercator:

Projekttitel:
Bühne frei: Schulische Bildungsangebote im Bereich Darstellendes Spiel und ihre Wirkung auf die Persönlichkeitsentwicklung
Projektpartner:
Prof. Dr. Sascha Schroeder, Universität Göttingen / Prof. Dr. Carola Surkamp, Universität Göttingen

Projekttitel:
Musik und Persönlichkeit. Bedingungen und Wirkungen musikalischer Bildungsangebote in Schulen
Projektpartner:
Prof. Dr. Valerie Krupp-Schleußner, Hochschule für Musik Mainz / Dr. Johannes Hasselhorn, Musikhochschule Lübeck

Projekttitel:
Musik begleitet. Bedeutung musikalischer Bildungsangebote der Kindheit im Übergang zum Erwachsenenalter
Projektpartner:
Prof. Dr. Andreas Lehmann-Wermser, Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover / Prof. Dr. Veronika Busch, Universität Bremen

Über den Rat für Kulturelle Bildung e.V.
Der Verein »Rat für Kulturelle Bildung e.V.« mit Geschäftsstelle in Essen wird von einem Stiftungsverbund getragen, dem sieben Stiftungen angehören: Bertelsmann Stiftung, Deutsche Bank Stiftung, Karl Schlecht Stiftung, PwC-Stiftung, Robert Bosch Stiftung, Stiftung Mercator, Stiftung Nantesbuch. Der Zusammenschluss ermöglicht es den Stiftungen, gemeinsam starke Impulse für die Weiterentwicklung und Verankerung Kultureller Bildung auf zwei Ebenen zu geben:
Diskurspolitik (unabhängiger Expertenrat »Rat für Kulturelle Bildung«), und Forschung (»Forschungsfonds Kulturelle Bildung«).

 

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