Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Gute Arbeitsmarktintegration trotz bürokratischer Hürden und Diskriminierung
Gliederung
- Zahl der Erwerbsmigrant*innen hat sich seit 2010 mehr als verdoppelt
- Hochschulabsolvent*innen dominieren zunehmend - beruflich Qualifizierte haben es schwer
- Hohe Beschäftigungsquote unter Erwerbsmigrant*innen, aber Diskriminierung bleibt ein Problem
- Bürokratische Hürden und Unterstützungsbedarf für Familien
- Basis und Umfang der Studie
Arbeitsmigration nach Deutschland: Anteil von Frauen und jungen Menschen steigt
Seit Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG) 2020 hat sich die Erwerbsmigration nach Deutschland deutlich verändert: Es kommen immer mehr junge Menschen und Frauen aus Nicht-EU-Staaten. Gleichzeitig sinkt der Anteil der Personen mit Berufsabschluss, was auf neue Hürden hindeutet.
Dies geht aus einer aktuellen IAB-Studie hervor, die auch auf hohe Zuwanderungshürden und Diskriminierungen hinweist.
Zahl der Erwerbsmigrant*innen hat sich seit 2010 mehr als verdoppelt
Die Zahl der Erwerbsmigrant*innen aus Drittstaaten ist zwischen 2010 und 2019 von 30.000 auf 64.000 Personen pro Jahr gestiegen. Nach einem Rückgang während der Pandemie stieg die Zahl bis 2023 auf 72.000.
Besonders deutlich ist der Anstieg bei den jungen Erwachsenen zwischen 18 und 31 Jahren, die nach Inkrafttreten des FEG eine Aufenthaltserlaubnis zu Erwerbszwecken erhielten. Ihr Anteil ist von 42 auf 61 Prozent gestiegen. Auch der Frauenanteil unter den Arbeitsmigrant*innen stieg nach der Gesetzesänderung von 30 auf 39 Prozent.
Hochschulabsolvent*innen dominieren zunehmend - beruflich Qualifizierte haben es schwer
Seit Einführung des FEG steigt der Anteil der Akademikerinnen: Lag er vor März 2020 bei 38 Prozent, ist er inzwischen auf 62 Prozent gestiegen. Gleichzeitig sank der Anteil der beruflich Qualifizierten von 19 auf 11 Prozent.
IAB-Forscherin Tanja Fendel erklärte, dass die Hürden für Arbeitsmigrantinnen mit beruflichen Abschlüssen oft höher seien. Die Anerkennung dieser Abschlüsse sei vor allem in nicht reglementierten Berufen langwierig, während Hochschulabschlüsse international leichter vergleichbar seien.
Hohe Beschäftigungsquote unter Erwerbsmigrant*innen, aber Diskriminierung bleibt ein Problem
Die Beschäftigungsquote der Erwerbsmigrant*innen ist hoch: 92 Prozent sind innerhalb eines Jahres nach Zuzug sozialversicherungspflichtig beschäftigt, in Ausbildung oder machen ein Praktikum.
Frauen, die zu Erwerbszwecken nach Deutschland gekommen sind, arbeiten häufiger in Vollzeit als andere Migrantinnen oder deutsche Frauen. Auch fünf Jahre nach dem Zuzug bleibt die Quote stabil hoch: 75 Prozent der Frauen und 86 Prozent der Männer sind vollzeitbeschäftigt. Zum Vergleich: Die Erwerbstätigenquote der gesamten ausländischen Bevölkerung in Deutschland lag 2022 bei 47 Prozent, die der Deutschen bei 65,5 Prozent.
Dennoch berichtet mehr als die Hälfte der Befragten von Diskriminierungserfahrungen. Besonders häufig fühlen sie sich bei der Wohnungssuche benachteiligt (40 Prozent), gefolgt vom Arbeitsplatz (21 Prozent). Auch im Umgang mit Ämtern und Behörden empfindet ein Fünftel Diskriminierung, während der Umgang mit Schulen und dem Gesundheitssystem seltener als problematisch beschrieben wird.
Bürokratische Hürden und Unterstützungsbedarf für Familien
Die Studie zeigt auch, dass trotz des FEG weiterhin bürokratische Hürden bestehen, etwa bei der Visumserteilung, der Anerkennung von Berufsabschlüssen oder der Zuwanderung im Familienzusammenhang.
Laut Boris Ivanov, Wissenschaftler am IAB, werden Zuwanderungsentscheidungen häufig gemeinsam in der Familie getroffen. Ein unterstützender Ansatz, der auch die Partner*innen bei der Jobsuche, Kinderbetreuung und Wohnungssuche berücksichtigt, könnte die Einwanderung nach Deutschland attraktiver gestalten.
Basis und Umfang der Studie
Die Auswertungen des IAB basieren auf den Integrierten Erwerbsbiografien (IEB) sowie der IAB-SOEP-Migrationsstichprobe und umfassen Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren, die seit 2017 nach Deutschland zugezogen sind.
VERWEISE