Niedriglohnbeschäftigung 2020: Rückgang des Anteils von Niedriglöhnen in den letzten Jahren

IAQ 3

Der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten ist in Deutschland in den letzten Jahren zwar zurückgegangen, lag 2020 mit rund 20 Prozent für Deutschland insgesamt aber immer noch deutlich über dem EU-Durchschnitt von 15 Prozent.

In regelmäßigen Abständen aktualisiert das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) seine Auswertungen zur Entwicklung von Niedriglohnbeschäftigungen in Deutschland. Jetzt liegt die Analyse für 2020 vor.

Demnach geht der Anteil insgesamt zurück. Bestimmte Branchen wie Gastronomie und Gesundheitswesen bleiben aber weiterhin anfälliger für Niedriglöhne. Und auch Minijobbende und Frauen sind häufig betroffen.

Das Team um Dr. Thorsten Kalina hat die Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) ausgewertet: 7,2 Millionen Menschen und damit insgesamt 20% der Beschäftigten arbeiteten im Jahr 2020 unterhalb der Niedriglohnschwelle, die in Deutschland in jenem Jahr bei 12,07 Euro lag. Verglichen mit den Jahren zuvor ist das eine Verbesserung (2019: 21,3%; 2018: 21,2 %).

»Zunächst einmal hat sich die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde natürlich positiv auf viele Branchen ausgewirkt«, so Dr. Kalina. »Alleine die Ankündigung der geplanten Mindestlohnerhöhung hatte bereits eine Art Revitalisierung der Tarifpolitik zur Folge. Personalengpässe, ein hoher Bedarf an Fachkräften und offene Ausbildungsplätze haben dann ihr Übriges getan, um die Tarifvertragsparteien zu einer gemeinsamen Lösung zu motivieren.«

Ein Blick auf Europa zeigt aber auch, dass Deutschland immer noch über dem EU weiten Durchschnitt von 15% an Niedriglohnbeschäftigten liegt. Zudem konzentriert sich der Anteil geringer Stundenlöhne tendenziell auf einzelne Branchen. Hierzu zählen der Einzelhandel, die Gastronomie, das Gesundheitswesen, die Gebäudebetreuung sowie der Bereich Erziehung und Unterricht. Alleine auf diese fünf Branchen fielen in 2020 insgesamt 45% der Niedriglohnbeschäftigungen. Besonders oft betroffen waren Frauen, Minijobbende oder Personen in befristeten Arbeitsverhältnissen.

»Trotz der positiven Entwicklung müssen wir weiterhin darauf setzen, die Tarifbindung zu stärken. Diese ist in Deutschland nämlich seit Jahren rückläufig: Hier liegen wir 20% hinter dem europäischen Durchschnitt«, kommentiert Dr. Kalina. »Dabei haben nicht zuletzt auch unsere Studien am IAQ immer wieder gezeigt: Im Kampf gegen den Niedriglohn ist die Ausweitung der Tarifbindung ein weitaus mächtigeres Instrument, als es die Anhebung des Mindestlohns sein kann.«


Niedriglohnbeschäftigung 2021: Langfristiger Rückgang nur in Ostdeutschland
Jede*r fünfte Beschäftigte in Deutschland war 2021 im Niedriglohnsektor tätig. Das zeigt eine aktuelle Auswertung des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen. Damit ist das Niedriglohnrisiko langfristig betrachtet...
Kaufkraft des Mindestlohns ist längerfristig stärker gestiegen als die der Tariflöhne
Mit der Erhöhung auf 12 Euro liegt die Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns über der Tariflohn- und Preisentwicklung Der Anstieg des gesetzlichen Mindestlohns lag seit der Einführung im Januar 2015 insgesamt deutlich über dem Aufwuchs der...
Ausmaß und Struktur geringfügiger Beschäftigung in Deutschland
Mehr als sieben Millionen Minijobs Nach Angaben der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit hat es im März 2023 rund 7,6 Millionen geringfügig Beschäftigte gegeben. Davon waren rund 4,3 Millionen ausschließlich geringfügig und rund 3,...

.