Einfluss der Digitalisierung auf Berufsbilder

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Die Einschätzungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) waren am Montag Thema einer öffentlichen Anhörung der Enquete-Kommission »Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt«. In der fünften Sitzung des Gremiums unter Vorsitz von Stefan Kaufmann (CDU) stellten Experten der Institute den Stand der beruflichen Aus- und Weiterbildung in der digitalen Arbeitswelt vor und antworteten auf die Fragen der Abgeordneten und Sachverständigen.

Neben der Mitwirkung an der Entwicklung, Implementation und Evaluation bundesweit gültiger Aus- und Fortbildungsregelungen finde am BIBB auch Bildungsforschung zur Stärkung der beruflichen Bildung statt, erklärte BIBB-Forschungsdirektor Hubert Ertl in der öffentlichen Anhörung. In der Forschung zeige sich »ein großes Spektrum von weitgehend digitalisierten Wirtschaftszweigen bis hin zu wenig von der Digitalisierung berührten Wirtschaftsbereichen«, berichtete Ertl. Die Digitalisierung beschleunige dabei den Strukturwandel hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft. Allerdings gehe man in Prognosen für das Jahr 2035 davon aus, dass unter Einbezug der demographischen Entwicklung die Beschäftigungsquote beständig bleibe. »Natürlich wird es aber einen großen Umschwung auf dem Arbeitsmarkt geben. Immerhin sind 16 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse betroffen«, sagt Ertl.

Nehme man eine Mikroperspektive ein, zeige sich ein sehr unterschiedliches Ausmaß der Digitalisierung in den Ausbildungsberufen: Beim Mediengestalter seien über 80 Prozent der Aufgaben digitalisiert, bei Landwirten hingegen nur etwa 30 Prozent, sagte Ertl. Er prognostizierte, dass die Arbeitsorganisation vernetzter werde und die Notwendigkeit von Selbstlernkompetenzen durch die Digitalisierung verstärkt werde. Dabei müssten insbesondere auch die mediendidaktischen Kompetenzen des Bildungspersonals, zum Beispiel durch Weiterbildung gestärkt werden, betonte er.

Für 2023 gehe die Forschung von einer Automatisierungswahrscheinlichkeit von Berufen in Höhe von 47 Prozent aller Berufe aus. Diese sei für das IAB allerdings nicht realistisch, sagte Britta Matthes (IAB): »Nicht Berufe, nur Tätigkeiten sind ersetzbar«, stellte sie klar. In einer Untersuchung habe man stattdessen die Substituierbarkeitspotenziale einzelner Berufsfelder analysiert: Für den Lager- und Transportarbeiter zeige sich etwa, dass 2016 bereits 86 Prozent der Tätigkeit durch technische Möglichkeiten ersetzt werden könne. »Wir erwarten die stärksten Veränderungen in Verkehrs- und Logistikberufen«, sagte Matthes. In Berufen, die mit der Digitalisierung Schritt gehalten hätten, etwa in der Krankenpflege, zeige sich, dass die Veränderungen nicht zur Erhöhung der Potenziale beigetragen haben.

Bereits im Jahr 2013 seien 15 Prozent der Arbeitnehmer in Berufen tätig gewesen, in denen 70 Prozent der Tätigkeit durch Maschinen erledigt werden können. Dieser Wert habe nur drei Jahre später schon bei 25 Prozent gelegen, betonte Matthes. »Dazu kommt, dass sich die Regionen sehr unterschiedlich entwickeln«, berichtete sie. »Es hat sich gezeigt, dass Berufsbilder nur selten mit technologischen Entwicklungen Schritt halten können«, sagte sie. Daher müsse der Prozess des Erstellens von Ausbildungsordnungen überdacht werden. Um Passungsproblemen, also dem Auseinanderklaffen zwischen Angebot und Nachfrage zu entgegnen, müsse zudem mehr über Umschulungen nachgedacht werden.

Ute Leber (IAB) berichtete von einem Rückgang der betrieblichen Ausbildungsbeteiligung, insbesondere im kleinbetrieblichen Segment: »Wir sehen einen starken Anstieg bei der Nichtbesetzungsquote, insbesondere in Ostdeutschland,« sagte Leber. Mehr als 50 Prozent der Ausbildungsstellen seien nicht besetzt und die vergebenen Plätze konzentrierten sich auf bestimmte Branchen und Berufe. Die Zahl der vorzeitig aufgelösten Ausbildungsverträge kumuliere vor allem in Branchen wie der Gastronomie und Beherbergung, aber auch im Baugewerbe, sagte Leber. Bei der betrieblichen Weiterbildung lasse sich hingegen ein Anstieg erkennen: So nehme ein Drittel aller Beschäftigten an Weiterbildungen teil - die Weiterbildungschancen seien dabei allerdings sehr ungleich verteilt: »Diejenigen, deren Tätigkeit in der Zukunft deutlich stärker von der Digitalisierung betroffen sein könnten, sind deutlich weniger repräsentiert«, resümierte Leber.

Die Abgeordneten und Sachverständigen fragten unter anderem, ob eine frühe Spezialisierung in der Ausbildung in der Zukunft noch sinnvoll sei und ob eher Arbeitsplatzprofile und eine Art Bausteinprinzip notwendig seien. Auch die Frage, ob die Klein- und Kleinstbetriebe stärker in den Fokus genommen werden müssten, interessierte die Mitglieder der Enquete-Kommission in ihren Nachfragen.

  

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