Ärger im Job: Diese Rechtstipps sollten Angestellte kennen

ANWALT.DE

Die Wirtschaft befindet sich in einem Aufschwung. Die Bundesregierung erwartet nach einer aktuellen Prognose für das laufende Jahr ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um 1,8%. Die Arbeitslosenquote ist im September 2016 gegenüber dem Vorjahresmonat leicht gesunken. Zeit, sich mit den Arbeitnehmerrechten zu beschäftigen. Sandra Voigt, Assessorin und Redakteurin der juristischen Redaktion von anwalt.de fasst die wichtigsten Rechte von Arbeitnehmern zusammen.

Umkleidezeit: Gehört diese Zeit zur vereinbarten Arbeitszeit?
Weist der Arbeitgeber seine Angestellten an, ihre Arbeitskleidung im Betrieb anzulegen, ist die dafür benötigte Zeit zweifellos Arbeitszeit und muss vergütet werden. Ohne eine entsprechende Weisung muss anhand verschiedener Kriterien festgestellt werden, ob die Umkleidezeit zu entlohnen ist oder nicht. Dient etwa das Tragen der Arbeitskleidung allein oder primär den Interessen des Arbeitgebers, etwa um gesetzliche Hygienevorschriften einzuhalten, beginnt die Arbeitszeit mit dem Umziehen im betriebseigenen Umkleideraum und muss vergütet werden. Anders sieht es jedoch aus, wenn mit dem Umkleiden nicht nur die Arbeitgeberinteressen, sondern gleichzeitig die eigenen Mitarbeiterinteressen erfüllt werden. Das ist etwa der Fall, wenn die Arbeitskleidung unauffällig ist, auch privat getragen werden könnte und bereits zu Hause angezogen werden darf. Dann nämlich muss der Beschäftigte nicht seine eigene Kleidung „abnutzen“, sondern nur die des Arbeitgebers, der oftmals auch noch die Reinigung übernimmt. Der Beschäftigte kann dann nicht verlangen, dass die Umkleidezeit vergütet wird.

Reinigung der Arbeitskleidung: Wer trägt die Kosten?
Arbeitgeber dürfen nicht ohne Weiteres die Kosten für die Reinigung der gesetzlich vorgeschriebenen Schutz- beziehungsweise Hygienekleidung vom Lohn ihrer Angestellten abziehen. Denn sie haben ein eigenes Interesse daran, dass die Kleidung getragen und regelmäßig gereinigt wird. Je nach Art der Tätigkeit müssen Arbeitgeber ihren Beschäftigten spezielle Schutzkleidung oder Hygienekleidung zur Verfügung stellen – so steht es unter anderem im Arbeitsschutzgesetz oder auch in § 5 der Lebensmittelhygiene-Verordnung. Der Arbeitgeber hat an der Einhaltung dieser Vorschriften ein Eigeninteresse, denn passiert zum Beispiel ein Arbeitsunfall und den Mitarbeitern wurde keine Schutzkleidung zur Verfügung gestellt, kann es teuer für ihn werden. Gleiches gilt, wenn im Betrieb die Hygienevorschriften aufgrund fehlender Hygienekleidung nicht eingehalten und von dort stammende Lebensmittel reklamiert werden. Wird die Kleidung nicht getragen oder ist sie nicht sauber, kann es gerade in Lebensmittelbetrieben zu schwerwiegenden Verunreinigungen kommen. Eine regelmäßige Reinigung ist daher unerlässlich. Der Arbeitgeber muss daher die Kosten dafür selber tragen.

Unnötige Überstunden im Dienstplan: Muss der Arbeitgeber zahlen?
Folgenden Fall behandelte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein in diesem Jahr: Die Klägerin war rund fünf Jahre bei ihrem Arbeitgeber als Pflegedienstleitung beschäftigt. Laut Vertrag sollte ihre Arbeitszeit wöchentlich 40 Stunden betragen. In den Dienstplänen, die der Arbeitgeber für sie erstellt hatte, waren aber meist deutlich mehr von ihr zu erbringende Stunden eingetragen. Trotzdem weigerte sich das Unternehmen, die Überstunden zu bezahlen. Die wären nicht ausdrücklich angeordnet und vor allem nicht erforderlich gewesen. Das Landesarbeitsgericht entschied: Die Stunden, die im Dienstplan eingetragen waren und in denen sich der Arbeitnehmer auch tatsächlich an der Arbeitsstelle aufgehalten hat, sind zu vergüten – auch wenn es mehr als 40 Stunden pro Woche waren. Die Überstunden hatte der Arbeitgeber schließlich durch die von ihm erstellten Dienstpläne veranlasst und der Beschäftigte war arbeitsvertraglich verpflichtet, sich an den Plan zu halten. Ob die Überstunden tatsächlich erforderlich waren oder nicht, hatte für das Gericht letztlich keine entscheidende Bedeutung. Gegebenenfalls hätte der Arbeitgeber nämlich seine Dienstpläne schlichtweg anders gestalten müssen und den Arbeitnehmer nicht für Zeiten einteilen dürfen, zu denen er ihn angeblich gar nicht brauchte.

Heimliche Tonaufnahme im Personalgespräch: Ist das erlaubt?
Nimmt ein Arbeitnehmer heimlich das Personalgespräch mit einem Aufnahmegerät oder dem Smartphone auf, droht nach § 201 Strafgesetzbuch (StGB) eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren wegen unbefugten Aufnehmens nicht öffentlich gesprochener Worte. Diese Aufnahmen sind aber nicht nur strafrechtlich kritisch, auch vor dem Arbeitsgericht sind heimlich aufgenommene Tonaufnahmen als Beweismittel nicht zugelassen und können sogar zur Kündigung führen. In der Regel zerstören solche Mitschnitte das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter. Schließlich hätte der Arbeitnehmer den Chef um Erlaubnis für die Tonaufnahmen bitten oder das Gespräch ablehnen können. Schriftliche Aufzeichnungen wären ebenso möglich gewesen wie die Hinzuziehung eines Betriebsrats als Zeugen.

Kündigung an einem Sonntag: Ist das möglich?
Ein Arbeitsverhältnis kann auch an einem Sonntag gekündigt werden, der Streit über den Zugang der Kündigung ist in diesem Fall aber meist vorprogrammiert. Der Grund: Die Kündigung gilt als zugegangen, wenn sie in den Machtbereich des Beschäftigten gelangt ist. Das ist zweifellos der Fall, wenn sie in seinem Briefkasten liegt und bald mit einer Leerung zu rechnen ist. Wird das Kündigungsschreiben dagegen an einem Sonntag in den Briefkasten geworfen, ist erst von einem Zugang am nächsten Werktag auszugehen, weil der Gekündigte generell nicht dazu verpflichtet ist, den Briefkasten an einem Sonntag zu leeren. Der Umstand, dass die Kündigung dann erst am nächsten Werktag zugegangen ist, kann dazu führen, dass das Arbeitsverhältnis zum geplanten Kündigungstermin nicht beendet wird. Liegt nämlich zwischen dem Zugang und dem Kündigungstermin nicht die nach § 622 BGB einzuhaltende Kündigungsfrist, wird die ordentliche Kündigung erst zum darauffolgenden Termin wirksam. Dem Arbeitgeber ist deshalb zu raten, die Kündigung persönlich oder mittels Boten zu überreichen und sich den Zugang schriftlich bestätigen zu lassen. Übrigens: Eine Leerung des Briefkastens kann am Sonntag nur im Einzelfall verlangt werden, etwa wenn der zu kündigende Angestellte aufgrund vorheriger Personalgespräche mit einer Kündigung rechnen musste.

 

 

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