Umfrage: Top-Talente fühlen sich durch Folgen des demografischen Wandels bedroht

Beruf und Arbeit, Europa
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Sechs von zehn Nachwuchsführungskräfte ängstigt steigende Macht der Babyboomer  

Junge Führungskräfte sehen sich als Gewinner der Globalisierung, empfinden die Auswirkungen des demografischen Wandels aber als Bedrohung. Das ist das Ergebnis einer Analyse von The Boston Consulting Group (BCG) und WirtschaftsWoche, der eine Befragung unter 166 Top-Talenten der deutschen Wirtschaft zugrunde liegt. 64 Prozent der befragten Nachwuchsführungskräfte ängstigt die steigende Macht der Babyboomer. Ihre Sorge angesichts des steigenden Anteils älterer Menschen an der Bevölkerung erklären sie mit: Fokus auf der Vergangenheit, zu wenig Investitionen in die Zukunft, keine mutigen Entscheidungen.

Für Unternehmen bedeutet das: »Je größer der Altersabstand zwischen den Mitarbeitern ist, desto unterschiedlicher sind die Identitäten und Ansprüche. Das kann zu Missverständnissen und Frust führen«, sagt Rainer Strack, der bei BCG das Thema Human Resources weltweit leitet. So entscheiden seiner Erfahrung nach junge, digitale Talente gern selbst, wann und wo sie arbeiten – während Babyboomer eher geregelte Arbeitszeiten bevorzugen. »Diese Flexibilität müssen Unternehmen bieten, um in einer digitalen, demografisch herausfordernden Welt mitzuhalten«.

Dabei profitiert die junge Generation auf dem Arbeitsmarkt sogar vom demografischen Wandel. Nach BCG-Berechnungen könnten in Deutschland bis zum Jahr 2030 zwischen 5,8 und 7,7 Millionen Arbeitskräfte fehlen. »Digitalisierung und die Globalisierung verschärfen dieses Problem. Es wird zu einer großen Personalknappheit bei digitalen Jobs kommen und zu Überhängen bei einfachen Tätigkeiten«, sagt Strack. »Junge Talente werden bereits jetzt von Unternehmen regelrecht umworben«.

Talente sehen sich und ihre Unternehmen als Globalisierungsgewinner

Ein Phänomen, das sich durch die Globalisierung und die damit verbundenen Chancen für Talente noch verstärkt. 81 Prozent der befragten Nachwuchsführungskräfte sehen sich als Globalisierungsgewinner, 73 Prozent sagen dasselbe über ihr Unternehmen. Für 86 Prozent der Befragten überwiegen die Vorteile der Globalisierung; hier werden insbesondere Marktzugang und Potenzial, Vernetzung und Horizonterweiterung sowie Austausch und Wissenstransfer genannt.

Die befragten Top-Talente kritisieren allerdings die wachsende Lücke zwischen Gering- und Gutverdienern. Als Nachteil der Globalisierung nennen sie vor allem die wachsende soziale Ungleichheit. Sie setzen auf drei Hebel, um die Ungleichheit zu reduzieren: Mehr Investitionen in Bildung (33 Prozent), Ältere und weniger Qualifizierte wieder abholen (22 Prozent) sowie glaubwürdige Politiker, die die Vorteile durch die Globalisierung besser erklären (19 Prozent).

Hintergrund
Die befragten Nachwuchsführungskräfte kommen sowohl aus großen Konzernen in Deutschland als auch aus mittleren und kleinen Unternehmen sowie Start-ups unterschiedlicher Branchen. Außerdem sind selbständige Unternehmer, Politiker, Wissenschaftler, Sportler und Kunstschaffende Mitglieder der »Vordenker«. Die Befragten sind im Durchschnitt 39 Jahre alt; 23 Prozent sind Frauen. Sie sind aufgrund der Auswahl von WirtschaftsWoche, BCG und der »Vordenker«-Jury in die Gruppe der Vordenker aufgenommen worden. Die Jury setzt sich zusammen aus Prof. Dr. Miriam Meckel, Chefredakteurin der WirtschaftsWoche, Carsten Kratz, BCG-Deutschland-Chef, Dr. Jürgen Heraeus, Aufsichtsratschef der Heraeus Holding, Helene von Roeder, Deutschland-Chefin der Credit Suisse, sowie Dr. Annette Winkler, Chefin von smart.

 

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